Kann der Darm beim Drücken platzen?

Von Danica Gröhlich, 2. November 2022

Aus dem Häuschen: Zu verklemmt, um über Ihre Ausscheidungen zu sprechen? (Credit: iStock)

Rund um ihre Verdauung trauen sich viele nicht zu fragen, was ihnen schwer im Magen liegt. Der selbsternannte Po-Doc nimmt da kein Blatt vor den Mund und bringt endlich Licht ins Dunkel.

Konsistenz, Gestank oder gar Unverdautes: Dr. med. Martin Wilhelmi erklärt anschaulich die Vorgänge auf dem stillen Örtchen. Der Facharzt für Gastroenterologie, Allgemeine Innere Medizin sowie Ernährungsmedizin in Zürich ist Autor von «Der Po-Doc: Eine spannende Expedition zum Ende des Darms» und Co-Autor von «Nie wieder Blähbauch: Expertenwissen und Rezepte für ein gutes Bauchgefühl». Die wichtigsten Themen zum Stuhlgang.

Häufigkeit

Im Laufe eines durchschnittlichen Menschenlebens werden um die 50’000 Liter Flüssigkeit und 30 Tonnen Nahrung durch den Anus laufen. Im Schnitt wird sich der Anus 30’000 Mal öffnen für eine Stuhlentleerung. Dreimal täglich bis zu dreimal pro Woche gelten als normale Stuhlfrequenz. Sollten Stuhlgänge etwas häufiger oder seltener ohne Beschwerden auftreten, ist dies jedoch auch normal. Die Stuhlmenge variiert beim Erwachsenen zwischen 100 und 500 Gramm pro Tag. In der Regel wird der untere Dickdarm (Rektum / Sigma) entleert und füllt sich dann langsam wieder.

Konsistenz

Die perfekte Konsistenz ist «weich und geformt». Ballaststoffe (Obst, Gemüse, Leinsamen u.a.) können die Stuhlform günstig beeinflussen. «Schwere» Lebensmittel wie Käse oder Fleisch können den Stuhl härter machen. Auch die Trinkmenge spielt eine Rolle und sollte mindestens 1,5 Liter pro Tag betragen. Die Formen des Stuhls werden in einer Skala zusammengefasst von 1, sehr trocken und hart, bis zu 7, was flüssigem Stuhl entspricht Über drei Stuhlgänge pro Tag werden als Durchfall bezeichnet, weniger als drei Stuhlgänge pro Woche als Verstopfung.

Dr. Martin Wilhelmi, Facharzt für Gastroenterologie und Allgemeine Innere Medizin, Zürich (Credit: zVg.)

Durchfall und Verstopfung

Durchfall kann viele Ursachen haben. Helfen könnte, eine Nahrungspause einzulegen und viel zu trinken. Auch schwarzer Tee, Bananen oder Hausmittel wie Kohletabletten sind unterstützend. Bei Verdacht auf eine Infektion sollte bei Loperamid (Imodium) jedoch Vorsicht geboten sein. Bei schweren und länger dauernden oder blutigen Durchfällen kann ärztlicher Rat notwendig werden. Bei Verstopfung sind vor allem ausreichend Bewegung, genügend Flüssigkeit und Hausmittel wie etwa Magnesium, Apfelmost oder eingelegte Pflaumen hilfreich. Bei Bedarf können jedoch auch Abführmittel helfen. Diese schaden dem Darm in der Regel nicht.

Druck

Man sollte versuchen, beim Stuhlgang nicht zu pressen. Hierdurch können Hämorrhoiden grösser werden und bluten. Auch Risse (Fissuren) können wieder einreissen und bluten. Günstig ist es, die Beine beim Stuhlgang auf einen Hocker zu stellen, sodass eine Hockstellung eingenommen wird. So wird der Druck auf den Enddarm reduziert. Die Hockstellung ist die richtige Position beim Stuhlgang. Der Darm kann beim Pressen nicht platzen. Feuchttücher zur Analhygiene führen oft zu Irritationen oder Ausschlägen. Weiches WC-Papier oder reines Wasser (Dusche, Bidet) genügt.

Form

Der Schliessmuskel am Anus formt den Stuhl. Formveränderungen sind daher meistens harmlos. Veränderungen in der Stuhlhärte, wie zum Beispiel das Auftreten von «Hasenkötteln » bei chronischer Verstopfung oder auch Blut im Stuhl können auf eine Verstopfung hinweisen oder auf Aussackungen der Darmwand (Divertikel). Auch das häufig dramatisch geschilderte Auftreten von «unverdauten Lebensmitteln» im Stuhl wie etwa Tomatenschalen oder Maiskörnern («Die hatte ich vor zwei Wochen gegessen !») sind in der Regel völlig harmlos. Es ist normal, dass einige unverdauliche, faserige Stoffe unverändert durch den Magendarmtrakt rutschen. Die Frage, ob Kot in der WC-Schüssel schwimmen soll oder nicht, hängt davon ab, wieviel Gas und Fett der Stuhl enthält.

Farbe

Die Farbe des Stuhls hängt von vielen Faktoren ab, die Farbpalette ist riesig. Stuhl besteht vor allem aus Wasser, Nahrungsresten, die nicht verdaut wurden, toten Zellen vom Darm und toten Bakterien. Alles, was der Körper eben nicht mehr möchte. Normalerweise ist der Stuhl braun und wird vor allem durch die Gallenf lüssigkeit gefärbt. Diese Flüssigkeit wird von der Leber gebildet und hilft, Fette aufzunehmen und zu verdauen. Die braune Farbe entsteht durch den Abbau von Gallestoffen durch Bakterien (Sterkobilin). Trotzdem können alle möglichen Farbvariationen des Stuhls auftreten, was selten krankhaft ist. Von Hellgelb bis Weiss (Störungen der Galleproduktion oder dem Abfluss der Galle in den Darm, Gallensteine, Leberentzündung Hepatitis, Tumoren), über Gelb (hoher Fettanteil, eventuell Erkrankung der Bauchspeicheldrüse) bis hin zu Grün (Spinat oder der erste Stuhlgang eines Neugeborenen). Rot ist und bleibt die Warnfarbe Nummer eins. Ist der Stuhl rot gefärbt, kann eine Blutung vorliegen. Der häufigste Grund sind harmlose Blutungen aus Hämorrhoiden. Es können jedoch auch Divertikel, Tumore oder Geschwüre vorhanden sein. Sollten Sie keine roten Farbstoffe (z.B. Rote Bete) gegessen haben, ist bei anhaltender Rotfärbung der Besuch bei der Ärztin oder dem Arzt die richtige Entscheidung. Blut kann den Stuhl schwarz färben, wenn es vorher mit Säure aus dem Magen in Verbindung kommt. Dann ist es auf jeden Fall Zeit für eine Untersuchung.

Geruch

Normalerweise spalten Enzyme die Nahrung im Magendarmtrakt auf. Solche, die fettige Nahrung aufspalten, werden meist durch Galleflüssigkeit unterstützt, welche von der Leber gebildet wird. Wenn diese Enzyme nicht gebildet werden oder nicht in den Darm ausgeschieden werden können, kann das Fett im Darm nicht richtig verdaut werden. Der Stuhlgang rutscht dann in den Dickdarm und wird von Bakterien vergärt. Das Fett und die Abfallstoffe der Bakterien machen den Stuhl oft hell, stinkend und schwer, im WC runterzuspülen. Erkrankungen der Gallenblase oder der Bauchspeicheldrüse, aber auch eine Zöliakie (Glutenunverträglichkeit) können dazu führen. Übler Geruch entsteht auch durch Schwefelbildende Bakterien. Der Konsum von Eiern, Fleisch und Milchprodukten, also von vielen Proteinen, welche schwefelhaltige Aminosäuren enthalten, kann zu üblem Geruch führen. Hier sind vegane Menschen klar im Vorteil. Die vielen Ballaststoffe führen jedoch häufig zu einer höheren Pups-Frequenz. Womit Veganerinnen und Veganer in diesem Punkt wiederum im Nachteil wären.


Testen Sie Ihre Transportgeschwindigkeit

Die Farbe des Stuhls kann man nutzen, um die Transportgeschwindigkeit des eigenen Darmes zu berechnen. Stellt man sich den Mund als Startlinie vor und stoppt die Zeit, bis ein Farbstoff wieder austritt mit dem Anus als Ziellinie, hat man eine relativ exakte Messung. Röntgenverfahren mit Metallkügelchen in Kapseln (Kolon-Transitzeit) sind nicht viel exakter. Das Betanin, welches zum Beispiel in Roter Bete enthalten ist, lässt sich hierfür nutzen. Nach einer grossen Portion Randen sollte nach 24 bis 36 Stunden eine Stuhlverfärbung eintreten, entweder rot oder auch schwarz. Durch die Magensäure wird das Eisen in der Roten Bete oxidiert und färbt den Stuhl schwarz. Dauert es länger, liegt wahrscheinlich eine Verstopfung (Obstipation) vor. Dies bedeutet aber noch nicht zwingend eine Erkrankung.


Danica Gröhlich ist freie Redaktorin bei «GESUNDHEITHEUTE», der Gesundheitssendung am Samstagabend auf SRF 1.
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