«Mit Unterstützung klappt ein Rauchstopp besser»

Von Danica Gröhlich, 14. Dezember 2022

Endlich rauchfrei! Eine neue Chance für die Gesundheit. (Credit: iStock)

Unzählige Male aufgehört und dann doch wieder angefangen? Wie Sie es mit Begleitung schaffen, ohne Tabak ins neue Jahr zu starten.

Daniela Ryf, Sie sind die Team- und Projektleiterin bei der Rauchstopplinie: Was sind die Stolpersteine, die viele dann doch wieder zum Glimmstängel greifen lassen?
Viele Personen scheitern im Alltag an Hindernissen, die ein Rauchstopp mit sich bringt. Einerseits sind es die Entzugserscheinungen, weil das Nikotin im Tabak stark abhängig macht. Andererseits braucht es für einen Rauchstopp auch eine Verhaltensänderung. Etwa der Kaffee am Morgen mit der ersten Zigarette, dann Stress bei der Arbeit oder abends die Zigarette zum Glas Wein. Hier gilt individuell zu schauen, wie der Alltag ohne Zigarette gestaltet werden kann. Oft ist es schwierig, langfristig einen Rauchstopp durchzuziehen, wenn die Partnerin oder der Partner raucht, oder im sozialen Umfeld viele rauchen.

Aus welchen Gründen rufen die meisten bei der Rauchstopplinie an?
Oftmals gibt es einen klaren Grund, warum die Rauchenden uns genau jetzt anrufen: Manchmal ist es die Angst, schwer zu erkranken oder eine Empfehlung des Arztes, aufgrund einer Erkrankung wie Lungenkrebs oder COPD aufzuhören. Oftmals passt Rauchen nicht mehr zum Lebensstil – Sport, Aussehen, Vorbildfunktion für die Kinder oder Enkelkinder. Auch ein Kinderwunsch kann ausschlaggebend sein, einen Rauchstopp zu planen. Vereinzelt wird den Rauchenden auch klar, wie viel Geld sie für Zigaretten ausgeben und wie voll das Sparschwein ohne Tabakprodukte inzwischen bereits wäre.

Daniela Ryf, Team- und Projektleiterin Rauchstopplinie, Krebsliga Schweiz (Credit: zVg.)

Und wer sucht bei Ihnen Hilfe?
Uns erreichen Anrufe von Personen jeden Alters und aus verschiedenen sozialen Schichten: vom Jugendlichen, der vor allem im Ausgang raucht, vom Geschäftsmann, der mit der Zigarette glaubt, seinen Stress zu reduzieren, vom IV-Bezüger, der unbedingt Geld sparen möchte, bis hin zum Senior, der seine Pension noch fit und gesund geniessen möchte. Gemäss Untersuchungen sind es vor allem Erwachsene zwischen 25 und 54 Jahren. Frauen und Männer sind etwa gleich vertreten. Auch Spitäler überweisen uns Patientinnen und Patienten, um mit ihnen langfristig den Tabakausstieg zu planen oder diesen weiterzuziehen, wenn sie aus dem Spital entlassen wurden.

Weshalb sind es vor allem junge Menschen, die mit dem Rauchen beginnen?
Die Tabakindustrie richtet sich mit ihrer Werbung genau an diese Zielgruppe. Jugendliche wollen dazugehören, experimentieren gerne und machen sich noch wenig bis keine Gedanken über ihre Gesundheit. Sie kennen auch die Gefahr nicht, wie schnell sie abhängig werden können.

Welche Rolle spielen E-Zigaretten für den Einstieg?
Neue Produkte wie Einweg-E-Zigaretten sind sehr beliebt bei Jugendlichen, überall erhältlich und billig. Sie sind ein Trend in den Soszialen Medien und werden von den Jugendlichen selbst, etwa auf Tiktok, in grossem Umfang beworben. Da die Nikotinkonzentrationen nicht standardisiert sind, werden Konsumierende viel höheren Nikotinwerten ausgesetzt, als ihnen bewusst ist. Dies erhöht das Suchtpotential. Sie inhalieren einen «Cocktail», aus verschiedenen chemischen Verbindungen, von denen einige schädlich für die Lunge und das Herz-Kreislauf-System sind.0

Fehlt vielen auch der Mut anzurufen?
Überwindung braucht es auf alle Fälle, denn ein Tabakausstieg ist keine leichte Aufgabe. Oft geht ein Anruf auch Hand in Hand mit unangenehmen Emotionen wie Scham, Angst zu scheitern oder dem Gefühl, schwach zu sein. Die vertrauensvolle Beziehung zwischen den Fachberaterinnen der Rauchstopplinie und den Anrufenden erlauben aber all diese Emotionen. Manche haben schon zigmal versucht aufzuhören, und sind immer wieder gescheitert. Wir stellen unser Angebot vor und erklären, dass ein Rauchstopp mit Unterstützung häufiger gelingt.

Helfen denn auch Nikotin-Pflaster, um den Rauchstopp zu erleichtern?
Dies muss individuell angeschaut werden. Je nach Abhängigkeit und Rauchverhalten macht die Anwendung von Nikotin-Ersatzprodukten Sinn, um die anfänglichen Entzugserscheinungen zu reduzieren. Ein Nikotin-Pflaster dient dabei aber nur als «Krücke», die Arbeit muss der Rauchende selbst machen. Bei Entzugserscheinungen ist es wichtig, dass man einen Alternativplan bereithält und sich mit Tätigkeiten ablenken kann, die man gerne macht. Einige Anrufende entdecken etwa ein neues Hobby, das ihnen sehr viel Spass bereitet – und sie blühen richtig auf.

Wie sieht der Erfolg aus?
Auswertungen zeigen, dass Personen, die mehrere Beratungsspräche nutzen, eine grössere Chance auf Erfolg haben. Eine gute Vorbereitung vor einem Rauchstopp, richtige Anwendung von pharmakologischen Produkten und Verhaltensänderungen sind alles wichtige Faktoren, um einen langfristigen Rauchstopp zu schaffen. All dies besprechen wir in unseren Beratungsgesprächen.

Wie reagieren Sie, wenn Ihnen jemand einen Rückfall «beichtet»?
Rückfälle sind Teil des Aufhörprozesses und gehören dazu. Wir reagieren in solchen Situationen mit viel Verständnis, führen aber gleichzeitig mit dem Anrufenden eine Rückfallanalyse durch. Im Gespräch gilt es zu klären, in welcher konkreten Situation der Rückfall passiert ist, welches Gefühl der Auslöser war und wie die Person zu Zigaretten gekommen ist. Ziel ist es, zu erkennen, wie es zum Rückfall kam, um dann aus alten Verhaltensmustern auszubrechen, indem neue Strategien angewendet werden. Oftmals braucht es auch mehrere Versuche, bis man den Tabakausstieg schafft. Ein neuer Versuch ist eine neue Chance, den Rauchstopp zu schaffen. Dies wollen wir in den Beratungsgesprächen vermitteln.

Was ist Ihre Motivation, den Rauchenden die Sucht abzugewöhnen?
Mir persönlich liegt Gesundheitsförderung und Prävention sehr am Herzen. Ich war nie Raucherin – zum Glück, denn ich sehe in den Beratungen, wie schwierig es ist, mit dem Rauchen aufzuhören, weil es schlussendlich eine Sucht ist. Wenn sich ehemalige Raucherinnen und Raucher nach einem Rauchstopp fitter, gesünder und manchmal auch selbstbewusster fühlen, freut mich dies sehr. Das ist doch ein wunderbares Geschenk – zu jeder Jahreszeit!


Rauchstopplinie – der nationale Beratungsdienst

Möchten Sie aufhören zu rauchen? Unter der Nummer 0848 000 181 erhalten Sie von Montag bis Freitag von 11.00 Uhr bis 19.00 Uhr Unterstützung. Ein Beratungsteam von professionell ausgebildeten Fachberaterinnen hat ein offenes Ohr für Sie und berät in zehn Sprachen. Durchschnittlich sind etwa fünf Gespräche nötig, manche Menschen brauchen aber mehr, manche weniger. Die Kosten betragen ab Festnetz 8 Rappen pro Minute. Sie bezahlen nur den ersten Anruf. Alle Rückrufe der Rauchstopplinie sind kostenlos. Die Beratenden der Rauchstopplinie sind an die Schweigepflicht gebunden. Auf Wunsch erhalten Sie kostenfrei per E-Mail weitere Tipps und Broschüren für Ihren Rauchstopp.

Weitere Informationen:
www.rauchstopplinie.ch


Danica Gröhlich ist freie Redaktorin bei «GESUNDHEITHEUTE», der Gesundheitssendung am Samstagabend auf SRF 1.
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