«Ich sah die strahlenden Augen der Kinder»

Von Danica Gröhlich, 15. Dezember 2021

Auf einem Schimmel durch den Schnee reiten: Hier erfüllt sich der Wunsch einer kleinen Prinzessin. (zVg.)

Über 2‘300 Herzenswünsche hat die Stiftung Wunderlampe schwer kranken Kindern erfüllt. Welcher Wunsch der Gründerin besonders in Erinnerung geblieben ist.

Frau Haug, Sie haben vor 20 die Stiftung Wunderlampe ins Leben gerufen. Gab es dafür ein persönliches Erlebnis?
In meinem privaten Umfeld wurde ich mit dem Schicksal verschiedener Familien mit einem schwer kranken oder behinderten Kind konfrontiert. Ich erhielt Einblick in ihren oftmals sehr beschwerlichen Alltag und konnte miterleben, was kleine Auszeiten mit einem besonderen Erlebnis bewirkten. Ich sah die strahlenden Augen der Kinder und auch die grosse Freude der Eltern und Geschwister. Das hat mich inspiriert, die Idee einer eigenen Stiftung für die Erfüllung von Herzenswünschen kranker oder behinderter Kinder und Jugendlicher mit Menschen aus meinem Bekanntenkreis zu diskutieren. Ich fand sofort grosse Unterstützung und damit war der Grundstein zur Stiftung Wunderlampe gelegt, die heute schweizweit tätig ist und rund zweihundert Herzenswünsche pro Jahr erfüllen kann.

Welche Herzenswünsche haben kranke Kinder?
Sehr viele Kinder wünschen sich die Nähe zu Tieren, sei es das persönliche Kennenlernen des Lieblingstieres im Zoo oder auch der nahe Kontakt zu Haus- und Nutztieren wie Hunden, Pferden, Ziegen oder Lamas. In der kälteren Jahreszeit wünschen sich die Hundefans unter unseren Wunschkindern auch oftmals ein Hundeschlitten- Abenteuer. Sie lieben es, die Tiere mit den meist eisblauen Augen und dem kuscheligen Fell zu liebkosen, zu füttern und beim Anschirren der Hunde an den Schlitten zu helfen, bevor es auf die wunderschöne Fahrt durch die verschneite Winterlandschaft geht. Aber auch Erlebnisse mit Schiffen, Lokomotiven oder Helikoptern stehen hoch im Kurs. Daneben natürlich die Begegnung mit bewunderten Persönlichkeiten. Während der vergangenen schwierigen Pandemiemonate konnten wir für sehr viele Kinder und Jugendliche ein Video-Gespräch mit der Lieblingssängerin, dem Sportleridol, der Vorbilds-Künstlerin oder dem geliebten Komiker vermitteln. Dabei kamen sehr persönliche Gespräche zustande, die den Wunschkindern nicht nur viel Freude bereiteten, sondern ihnen auch Mut für die Bewältigung des noch mehr eingeschränkten Alltags machten.

Nach welchen Kriterien erfüllen Sie und Ihr Team die Wünsche?
Die Stiftung Wunderlampe verwirklicht Wunschträume von schwer kranken oder behinderten Kindern und Jugendlichen im Erlebnisbereich, ausnahmsweise auch von Erwachsenen. Nach der Wunschanmeldung nehmen wir Kontakt mit dem Wunschkind, beziehungsweise seinen Eltern oder Bezugspersonen, auf. Dies, um etwas mehr über das Wunschkind und seine Vorlieben zu erfahren und auch, um die gesundheitlichen Umstände sorgfältig abklären zu können. Oftmals nehmen wir auch Rücksprache mit Therapeuten oder behandelnden Ärztinnen. Danach organisieren wir den jeweiligen Wunsch ganz nach den Vorstellungen des Wunschkindes, um ihm und seinen Angehörigen ein einmaliges Erlebnis voller Glück und Freude ermöglichen zu können.

Karin Haug, Geschäftsführerin Stiftung Wunderlampe, Winterthur ZH (zVg.)

Welche Krankheiten haben die Kinder?
So unterschiedlich die Wünsche der Kinder, so individuell sind auch die jeweiligen Erkrankungen, Geburtsgebrechen oder Behinderungen. Manche erleben ihre Beeinträchtigung als sehr schwierig, andere haben gelernt, damit zu leben und wieder andere sind so stark in ihrer eigenen Welt eingeschlossen, dass wenig nach aussen dringt. Aber selbst bei Wunschkindern, die sich nicht verbal ausdrücken können und/oder motorisch sehr eingeschränkt sind, ist das Glück, das sie bei den einmaligen Erlebnissen empfinden, gut spür- und wahrnehmbar. Besonders eindrücklich ist dies jeweils bei Begegnungen mit Seelöwen. Diese äusserst sensiblen Tiere können auf eine so wunderbare Weise auf ihre Besucherinnen und Besucher eingehen, über die wir Beteiligten jeweils nur staunen können.

Manchmal bleibt nicht mehr viel Zeit für eine Wunscherfüllung…
Sie sprechen von Kindern und Jugendlichen, deren Lebenskreis sich frühzeitig schliesst. In den 20 Jahren seit der Gründung unserer Stiftung mussten wir leider schon von einigen unserer Wunschkinder Abschied nehmen. Häufig litten sie unter besonders tückischen Hirntumoren oder Leukämie. An ein Erlebnis erinnere ich mich in diesem Zusammenhang ganz besonders. Ein siebenjähriges Mädchen mit fortgeschrittener Krebserkrankung wünschte sich eine Begegnung mit Cinderella. Diesen Wunsch habe ich ihr persönlich erfüllt. Ich begab mich als Prinzessin verkleidet zu ihr in die Klasse und hatte auch ihr ein wunderschönes Cinderella-Kleid mit allem Drum und Dran mitgebracht. Während sie schön geschminkt und frisiert wurde, bereiteten die Lehrerin und die Klassenkameraden in einem als Schlosszimmer dekorierten Raum ein feines Kuchenbuffet vor. Als Überraschungsgäste fand sich ihre ganze Familie mit Eltern, Grosseltern und Götti ein. Als die kleine Cinderella freudestrahlend in «ihr» Schloss geführt wurde, sangen alle zusammen ihr Lieblingslied «Volare». Noch heute habe ich Tränen in den Augen, wenn ich an diese sehr emotionale Begegnung denke. Sehr grosse Freude und ebenso grosses Leid sind bei der Tätigkeit der Stiftung Wunderlampe stets eng verbunden. Auch wenn es einem manchmal fast das Herz bricht, gibt es auf der anderen Seite auch diese einzigartigen Momente grössten Glücks: die strahlenden Augen der Wunschkinder und ihrer Familien, das überglückliche Jubeln, begeistertes Händeklatschen. Daraus schöpfe ich immer wieder Kraft und Energie. Dies beflügelt mich, immer weiterzumachen, ganz besonders jetzt während dieser für uns alle sehr schwierigen Zeiten. Wir bringen noch mehr Energie auf, um Glücksmomente zu ermöglichen. Deshalb haben wir auch die Möglichkeit der Video-Gespräche von Wohnzimmer zu Wohnzimmer geschaffen, um Herzenswünsche zu erfüllen, wo physische Begegnungen nicht möglich sind.

Sie sind selbst Mutter: Welche Wunscherfüllung ging Ihnen besonders nahe?
Vor Jahren konnten wir einem Geschwisterpaar, einem Jungen und seiner jüngeren Schwester, die beide unter einer schweren, sehr seltenen erblich bedingten Erkrankung leiden, ermöglichen, Papst Franziskus in Rom auf dem St. Petersplatz in einer Messe zu erleben und anschliessend von ihm persönlich gesegnet zu werden. Der Junge wollte vom Papst insbesondere auf die wichtigste Frage in seinem Leben «Weshalb bin ich so beeinträchtigt? » eine Antwort erhalten. Diese Frage berührte mich zutiefst – und beschäftigt mich auch heute noch.


Wunschträume verwirklichen

Wer spenden möchte, findet auf der Homepage der Stiftung Wunderlampe weitere Informationen und alle Angaben:
www.wunderlampe.ch

Spendenkonto:
– PostFinance: 87-755227-6
– IBAN Nr.: CH26 0900 0000 8775 5227 6


Danica Gröhlich ist Redaktorin bei «GESUNDHEITHEUTE», der Gesundheitssendung am Samstagabend auf SRF 1.
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