«Hören Sie beim Baden auf den Bauch»

Von Danica Gröhlich, 2. Juni 2021

Ungetrübter Spass im Wasser: Das befolgen der Baderegeln rettet Leben. (iStock)

Stimmt es, dass wir nicht mit vollem Magen schwimmen sollten? Und warum müssen wir uns vorher abduschen? Wir gehen den Baderegeln auf den Grund.

Herr Binaghi, stimmt es, dass wir nicht mit vollem Magen schwimmen gehen sollten?
Eigentlich schon, allerdings müssen wir diese altbekannte Regel ergänzen: Badende sollten sich weder mit ganz vollem, noch mit ganz leerem Magen ins Wasser begeben. Aus einem einfachen Grund. Sie kennen das sicherlich auch: Nach dem Mittagessen werden Sie müde, denn das Blut konzentriert sich in der Körpermitte, um zu verdauen. Die Müdigkeit hängt auch davon ab, wie viel wir gegessen haben und vor allem was. Etwas Fettiges zwingt uns eher zu einem Mittagsschlaf. Nach einem leichten Salat ist der Verdauungsprozess nicht ganz so intensiv für unseren Organismus. Im Wasser kann die fehlende Durch blutung im Kopf zu Schwindel oder im schlimmsten Fall sogar zur Ohnmacht führen. Mit einem vollen Bauch joggen wir ja auch nicht einfach los. Das Gleiche gilt auch fürs Schwimmen.

Dann ist auch ein leerer Magen beim Schwimmen nicht empfehlenswert?
Genau. Denn, wenn wir nichts gegessen haben, kann es zum sogenannten Hungerangst kommen, einem plötzlichen Leistungsabfall des Körpers. Beim Wandern beispielsweise können Sie dann einfach eine Pause einlegen und etwas essen, bis Sie sich wieder kräftig genug fühlen weiterzugehen. Doch im Wasser wirkt sich ein Hungerast um einiges fataler aus. Es kann dann schnell lebensgefährlich werden. Deshalb rate ich: Schätzen Sie sich und Ihren Körper richtig ein! Und hören Sie auf Ihren Bauch! Nur so können Sie mit den Signalen umgehen.

Was eignet sich denn als leichte Verpflegung in der Badi?
Natürlich sind ein Hamburger und Pommes frites eher schwere Kost. Doch dies ist immer sehr individuell und vom Energieverbrauch der Person abhängig. Wenn Sie sich die Schale mit den frittierten Pommes teilen und dazu einen Apfel essen, ist sicher nichts dagegen einzuwenden. Der entscheidende Punkt ist doch, wie man sich damit fühlt. Etwas Salziges zu essen hilft übrigens auch, die beim Schwitzen verlorenen Mineralstoffe, Elektrolyte, auszugleichen. Denn ein gesunder Elektrolythaushalt ist wichtig für die Muskeln. Kaltes Wasser, eine schnelle Belastungssteigerung oder einfach viele ungewohnte Bewegungen können ausreichen, um einen Krampf auszulösen. In einer Krampf-Situation gilt es, nicht in Panik zu verfallen, sondern Ruhe zu bewahren. Tritt dieser im Wasser ein, hilft es, die Schwimmlage zu wechseln. Einmal auf den Rücken liegend, fällt das Entspannen einfacher. Bei einem Wadenkrampf versuchen Sie mit der Hand, die Zehen nach oben zu ziehen.

Philipp Binaghi, Mediensprecher, Schweizerische Lebensrettungs-Gesellschaft SLRG. (zVg.)

Wie lange sollte jemand höchstens im Wasser bleiben, damit keine Unterkühlung droht?
Auch hierfür gibt es kein empfohlenes Zeitmass. Die Aufenthaltsdauer ist abhängig von der Person. Allerdings gibt es eine ungefähre Faustregel, die besagt: Pro Grad Wassertemperatur können Sie eine Minute im Wasser bleiben. Diese Angaben sind wohl im Winter sinnvoller. Im Sommer ist bei 25 Grad Wassertemperatur sicher auch länger als 25 Minuten Baden möglich, bevor jemand gefährlich auskühlt. Sie sollten also Ihren Körper gut genug kennen und dies auf dem Radar haben.

Warum ist Alkohol und Schwimmen keine gute Idee?
Alkohol zu trinken und dann ins Wasser zu gehen, ist in der Tat eine sehr schlechte Idee. Denn unter Alkohol einfluss können wir uns selbst nicht mehr gut einschätzen. Da gibt es nur eines: Wenn ich ins Wasser gehe, trinke ich keinen Alkohol. Ich habe zuerst meinen Spass und eine gute Zeit im Wasser. Dann erst stosse ich mit meinen Kolleginnen und Kollegen auf einen gelungenen Tag an. Denn Alkohol weitet die Gefässwände, der Blutdruck sackt ab, es besteht die Gefahr einer Ohnmacht. Zudem führt Alkohol dazu, dass wir im Wasser Kraft und vor allem die Orientierung verlieren, um ans rettende Ufer zurückzukommen. Studien zeigen, dass der Konsum von Alkohol zu einer Desorientierung im Wasser führen kann, dass diese Person im Extremfall an den Grund statt an die Oberfläche taucht und deswegen ertrinkt.

Müssen wir uns vor dem Baden wirklich abduschen?
Ja, denn schon nur aus hygienischen Gründen ist das Duschen vorher wichtig. Zudem auch als vorbeugende Wirkung, damit der Körper sich an die Temperatur gewöhnen kann. Ansonsten besteht die Gefahr eines Kälteschocks. Da sich die Adern beim sofortigen Sprung ins Wasser schlagartig verengen, kann das Blut nicht mehr richtig zirkulieren. Im schlimmsten Fall führt dies zu einem Herz infarkt. Deshalb nie überhitzt ins Wasser springen. Ist keine Dusche vorhanden, sollte man langsam ins Wasser gehen, die Arme eintauchen sowie Gesicht und Oberkörper befeuchten, bevor man ganz untertaucht.

Weshalb sind Luftmatratzen keine gute Schwimmhilfe?
Aufblasbare Dinge wie Luftmatratzen oder Schwimmringe gehören definitiv nicht ins tiefe Wasser. Sie bieten keine Sicherheit. Sie sind kaum steuer bar, treiben leicht vom Ufer weg. Zudem können sie durch Löcher an scharfkantigen Steinen oder Sonneneinstrahlung Luft verlieren. Wer dann nicht gut schwimmen kann, ertrinkt im schlimmsten Fall. Auch Schwimmflügel sind bei Kindern eine eher schlechte Lösung. Eltern wiegen sich in falscher Sicherheit. Doch die Flügeli können rasch abfallen. Zudem helfen sie auch nicht, schwimmen zu lernen. Das Kind hat damit eine schlechte Schwimmlage, weil der Körper durch den Auftrieb nur an den Armen nach unten hängt. Besser wäre eine Schwimmweste, die man fest am Körper fixieren kann, die nicht abfällt und keine Luft verliert. Schon eine geringe Wassertiefe von einigen Zentimetern kann für ein Kleinkind gefährlich sein. Geraten kleine Kinder mit dem Kopf, der im Verhältnis zum Körper schwerer ist, unter Wasser, so werden sie nicht schreien oder zappeln: Kleine Kinder bleiben reglos im Wasser liegen und ertrinken still. Deshalb sollten wir Kinder auch nie unbeaufsichtigt planschen lassen.

Gilt immer noch, bei Gewitter sofort aus dem Wasser zu gehen?
Ja, definitiv. Denn der Blitz neigt dazu, in Erhebungen einzuschlagen. Und das ist dann eben der Kopf, der aus dem Wasser schaut. Natürlich kann der Blitz auch in einen Baum daneben einschlagen. Aber das Risiko ist erhöht, wenn Sie sich bei Gewitter im Wasser bewegen. Deswegen gilt: Bei Gewitter sofort raus aus dem Wasser! Informieren Sie sich am besten vorher, ob Blitz und Donner angesagt sind. Dann steht einer unbeschwerten Badi-Saison nichts mehr im Wege.


Wie Sie Leben retten:

Jedes Jahr ertrinken in der Schweiz etwa 50 Menschen, wie die Statistik der Schweizerischen Lebensrettungs-Gesellschaft SLRG zeigt. Ertrinken ist bei Kindern die zweithäufigste Unfall-Todesursache. Um Wasserunfälle zu vermeiden, bietet die SLRG Erste-Hilfe- und Lebensrettungs-Kurse an. Anmeldungen auf: www.slrg.ch


Danica Gröhlich ist Redaktorin bei «GESUNDHEITHEUTE», der Gesundheitssendung am Samstagabend auf SRF 1.
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