Gesunder Schlaf trotz Hitze

Von Danica Gröhlich, 22. Juli 2020

Was Sie tun können, damit das Sandmännchen nicht hitzefrei bekommt. (iStock)

Laue Sommernächte können romantisch sein, uns aber auch den heiss ersehnten Schlaf rauben. Kühle Tipps, damit die Insomnie nicht zum Albtraum wird.

Neben Ernährung und Bewegung ist Schlaf der dritte wichtige Baustein für unsere Gesundheit. Damit Sie sich gerade im Sommer nicht schweissgebadet herumwälzen, hat Dr. med. Cristina Zunzunegui von der KSM Klinik für Schlafmedizin die brennendsten Fragen beantwortet. Die Schlafspezialistin räumt zudem mit gängigen Schlafmythen auf.

Frau Dr. Zunzunegui, brauche ich in den Ferien weniger Schlaf?
Normalerweise verbringen wir ungefähr einen Drittel des Tages im Bett, obwohl jeder Mensch ein individuelles Schlaf-Bedürfnis hat. Im Durchschnitt benötigen Erwachsene sieben bis acht Stunden Schlaf, um sich am nächsten Tag erholt zu fühlen. Einige kommen mit nur vier oder fünf Stunden aus, während andere dagegen mindestens zehn oder elf Stunden Schlaf brauchen. Die spezifische Dauer ist nicht so wichtig, vielmehr die Tiefe des Schlafes. Das heisst, Qualität kommt vor Quantität. Wie viele Stunden wir eigentlich benötigen, können wir herausfinden, indem wir uns am Tag ohne Hilfe von Koffein ausgeruht und fit fühlen. In den Ferien brauchen wir eigentlich die gleiche Anzahl Stunden. Da der Schlaf im Alltag häufig zu kurz kommt, holen wir diesen aber in den ersten Tagen der Ferien nach. Es kann jedoch auch sein, dass wir im Urlaub mehr Aktivitäten einplanen, länger aufbleiben und somit weniger als sonst schlafen.

Ist der Schlaf vor Mitternacht gesünder?
Nein, das ist ein weit verbreiteter Mythos. Nach dem Einschlafen – egal um welche Uhrzeit – gehen wir durch etwa vier Schlafzyklen, die jeweils 90 bis 120 Minuten dauern, mit verschiedenen Schlafstadien.

Wie sieht bei Hitze das optimale Schlafklima aus?
Im Sommer empfiehlt sich eine Zimmer- Temperatur von 19 bis 22 Grad. Erstaunlicherweise ist der Einfluss der Temperatur auf den Schlaf wissenschaftlich noch kaum untersucht. Eine Studie zeigte 2015 aber, dass Frauen es lieber warm mögen, weil sie – vor allem während des Eisprungs, wenn das Östrogen am höchsten ist – weniger Blut in den Extremitäten haben und deswegen empfindlicher auf Kälte reagieren.

Dann ist eine Klimaanlage oder ein Ventilator keine gute Idee?
Verwenden Sie diese Geräte nur, um den Raum auf eine angenehme Temperatur zum Einschlafen herunterzukühlen. Eine Klimaanlage auch nur, wenn die Ausschaltung programmiert werden kann, damit es in den Morgenstunden nicht zu kalt wird. In sehr heissen Nächsten hilft ein Ventilator zwar kaum. Sein gleichmässiges Geräusch kann aber beim Einschlafen helfen. Dieser Effekt wird White Noise (Weisses Rauschen) genannt.

Dr. Cristina Zunzunegui, Fachärztin Psychiatrie und Psychotherapie FMH und Schlafspezialistin ESRS (zVg)

Wie dunkel sollte das Schlafzimmer sein?
Eine möglichst dunkle Schlafumgebung ist sehr empfehlenswert. Helles Licht, auch das Blaulicht von Computer oder Mobiltelefon, wirkt als Wachmacher, weil die Melatonin-Ausschüttung unterdrückt wird. Licht ist in der Lage, unsere innere Uhr zu verstellen. Verwenden Sie notfalls eine Schlafmaske.

Empfehlen Sie, im Pyjama oder gleich nackt zu schlafen?
Schlafen Sie in bequemer, atmungsaktiver, breiter und leichter Kleidung. Nackt zu schlafen kann zu Durchschlafstörungen führen. Wenn es in den Morgenstunden kühler wird, wachen Sie auf. Auch die Bettwäsche sollte aus natürlichen Stoffen wie Baumwolle bestehen, die luftdurchlässig sind.

Schlafe ich besser, wenn ich abends joggen oder schwimmen gehe?
Der Effekt von körperlicher Aktivität vor dem Schlafengehen ist verschieden. Bei manchen Personen kann Sport das sogenannte sympathische Nervensystem, das für Aktivität und Stress zuständig ist, noch sehr lange anregen. Prüfen Sie also, ob Ihr Schlaf durch Sport ab 20 Uhr gestört oder im Gegenteil tiefer und erholsamer wird.

Soll ich vor dem Schlafen kalt duschen?
Besser ist es, wenn Sie mit lauwarmem Wasser duschen. Das erfrischt zwar, ist aber nicht so kalt, dass es Sie wieder zu sehr aktiviert.

Welche Rolle spielt die Ernährung vor dem Schlafengehen?
Essen Sie im Sommer nicht zu spät und nur noch etwas Leichtes. Eine Kleinigkeit wie eine Banane, Joghurt oder in der kühleren Jahreszeit Milch mit Honig vor dem Zubettgehen kann aber hilfreich sein. Dieses «Bettmümpfeli» enthält das sogenannte L-Tryptophan. Ein Stoff, der im Gehirn eine Rolle bei der Schlafregulation spielt. Um dorthin zu gelangen, braucht es ein Zuckermolekül – also Honig in der Milch. Wenn Sie nachts aufwachen, sollten Sie aber nichts essen. Denn regelmässiges Essen in der Nacht führt dazu, dass der Körper von selber wach wird, weil er dann gefüttert werden will. Und: Trinken Sie bereits tagsüber genügend, sonst müssen Sie nachts auf die Toilette.

Hilft ein Gläschen Alkohol beim Entspannen und Einschlafen?
Das ist leider ein Trugschluss! Auch wenn wir uns mit Alkohol tatsächlich schläfrig fühlen. Nach diesem anfänglichen Effekt wird unser Schlaf während der Nacht mehrmals unterbrochen und verliert seine regenerative Wirkung. Trinken Sie also zwei Stunden vor dem Zubettgehen keinen Alkohol mehr. Meiden Sie zudem mindestens sechs Stunden vor dem Schlafen auch Koffein.

Haben Sie Tipps, wenn ich trotzdem nicht mehr schlafen kann?
Wälzen Sie sich nicht im Bett herum und vermeiden Sie es, nachts auf die Uhr zu schauen! Das stresst nur zusätzlich. Besser ist es, aufzustehen und in einem anderen Zimmer etwas Schönes zu machen und erst wieder ins Bett zu gehen, wenn Sie sich erneut sehr schläfrig fühlen. Sobald Ihre Lebensqualität beeinträchtigt wird oder wenn die Schlafprobleme mehr als einen Monat andauern, sollten Sie sich ärztlichen Rat suchen. Schnarchen mit beobachteten Atemaussetzern in der Nacht sollte ebenfalls medizinisch abgeklärt werden.


Das Sandmännchen unter den Hormonen

Melatonin ist ein Hormon, das jeder Mensch in der Zirbeldrüse, einem kleinen Areal des Gehirns, produziert. Normalerweise beginnt die Melatonin-Produktion am Abend gegen 21 bis 22 Uhr und sinkt morgens gegen 8 Uhr wieder ab.

Durch Messung der Melatonin- Konzentration im Speichel lässt sich der individuelle Verlauf beim Schlaf-Wach-Rhythmus und allfällige Störungen erkennen. In der Schlafmedizin werden regelmässige Bettzeiten empfohlen mit einer Abweichung von maximal 30 Minuten.

Für einen gesunden Schlaf ist es wichtig, wenn wir auch an den Feiertagen und Wochenenden diese Schlaf- und Weckzeiten einhalten.

Vermeiden Sie Mittagsschläfchen länger als eine halbe Stunde und am späteren Nachmittag oder Abend (Fernsehschlaf), da Ein- oder Durschlafstörungen in der Nacht die Folge sein könnten.


Danica Gröhlich ist Redaktorin bei «gesundheitheute», der Gesundheitssendung am Samstagabend auf SRF1.
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