Interview Jeanne Fürst und Fabienne Eichelberger, 1. Mai 2025

(Symbolbild: iStock)

Wer operiert wird, hofft auf eine schnelle Erholung. Mit gezielter Vorbereitung – Prähabilitation – können alle etwas dafür tun, sagt Sportmediziner Johannes Scherr.

Johannes Scherr, was versteht man unter einer Prähabilitation?
Die optimale Vorbereitung einer Patientin oder eines Patienten auf eine Operation. Hat jemand etwa Probleme mit dem Knie oder der Hüfte, wird oft eine Schonhaltung eingenommen. Das ist kontraproduktiv und verschlechtert die körperliche Verfassung. Dem können wir mit gezieltem Training im Rahmen der Prähabilitation entgegenwirken.

Johannes Scherr ist Leiter für Prävention und Sportmedizin an der Uniklinik Balgrist.

Was kann dank der gezielten Vorbereitung noch bewirkt werden?
Patientinnen und Patienten sollen die Operation nicht nur gestärkter antreten, sondern auch danach in besserem Zustand sein. Ziele sind weniger Komplikationen und eine kürzere Genesungszeit. Zudem bereiten wir Betroffene vor der OP auf künftige Alltagsherausforderungen vor, etwa durch das Üben des Treppensteigens mit Stöcken.

Welche weiteren Bestandteile beinhaltet eine Prähabilitation?
Wichtig sind Physiotherapie und der gezielte Muskelaufbau. Aber auch die Ernährung wird genau angeschaut und ebenso der psychologische Aspekt berücksichtigt. Betroffenen wird geholfen, Ängste abzubauen und mit Schmerzen besser umzugehen. Bei der Prähabilitation handelt es sich um ein hoch personalisiertes Angebot.

Wann sollten Betroffene mit der Prähabilitation beginnen?
In der Regel empfehlen wir, mindestens drei bis vier Wochen vor einer Operation damit zu starten. Meist sehen wir die Patientinnen und Patienten zweimal wöchentlich, und sie erhalten Übungen, die sie zu Hause durchführen sollten. Es gibt jedoch auch Hinweise darauf, dass selbst einmalige Schulungen positive Effekte haben können.

Wem hilft Prähabilitation besonders?
Wir arbeiten hauptsächlich mit Menschen, die eine Knieprothese benötigen. Aber auch vor Hüft- und Wirbelsäulenoperationen bringt sie einen grossen Nutzen, und gemäss Studien verschafft sie vor operativen Eingriffen im Brust- und Bauchraum ebenfalls Vorteile.

Um wie viel verkürzt sich der Spitalaufenthalt dank einer Prähabilitation?
Der Effekt lässt sich schwer in Zahlen fassen, da viele Faktoren die Entlassung beeinflussen. Es gibt jedoch Studien, die untersucht haben, wann Patientinnen und Patienten aus medizinischer Sicht entlassbar gewesen wären. Diese zeigen, dass die Prähabilitation den Spitalaufenthalt um bis zu 20 Prozent verkürzt.