Interview Jeanne Fürst und Fabienne Eichelberger, 13. März 2025
Wie bringe ich meinen Willen zum Ausdruck, wenn ich nicht mehr urteilsfähig bin? Hansruedi Stoll sagt, worauf man bei einer Patientenverfügung achten soll.
Hansruedi Stoll, weshalb sollte man eine Patientenverfügung schreiben?
Sie ermöglicht, selbst bestimmen zu können, welche medizinische Behandlung man im Falle einer Urteilsunfähigkeit erhält. Gleichzeitig entlastet sie Angehörige, die für eine urteilsunfähige Person Entscheidungen treffen müssten.
Wann ist der beste Zeitpunkt, um das Dokument zu verfassen?
Je früher, desto besser. Spätestens aber dann, wenn man eine Diagnose erhält, die zur Urteilsunfähigkeit führen kann – beispielsweise Demenz oder ein Hirntumor. Ist man noch urteilsfähig, kann man die Patientenverfügung auch jederzeit ändern oder widerrufen.
Bis wann gilt man als urteilsfähig?
Solange man die gestellten Fragen versteht und die Konsequenzen seiner Entscheidungen einschätzen kann. Ein Mensch, der bereits die Diagnose Demenz hat, kann also durchaus noch urteilsfähig sein und darf entsprechend eine Patientenverfügung schreiben oder anpassen.

Welches sind die wichtigsten Bestandteile einer Patientenverfügung?
Inhaltlich ist das die Werteerklärung. Darin wird individuell festgelegt, was das Leben lebenswert macht und unter welchen Bedingungen man keine lebensverlängernden Massnahmen mehr wünscht. Das sind schwierige Entscheide, die präzise formuliert werden müssen. Ich empfehle deshalb, sich beraten zu lassen – etwa von Vertretern des Schweizerischen Roten Kreuzes. Zudem muss die Person, deren Willen festgehalten wird, klar identifizierbar und das Dokument handschriftlich datiert und unterschrieben sein.
Wen darf man als vertretungsberechtigte Person auswählen?
Jede juristische Person. Ich würde einen Menschen wählen, dem ich vertraue und der nicht wesentlich älter ist. Ansonsten besteht die Gefahr, dass er im selben Zeitraum wie ich urteilsunfähig wird.
Wo raten Sie, das Dokument aufzubewahren?
Beim Schweizerischen Roten Kreuz. So ist es weltweit und rund um die Uhr abrufbar.
Welche Risiken birgt eine Patientenverfügung?
Ist man im Kopf noch klar, kann sich aber nicht mehr ausdrücken, besteht die Gefahr, dass man bereut, was in der Patientenverfügung steht. Oder aber bereut, keine Patientenverfügung erstellt zu haben. Diese beiden Risiken gilt es im urteilsfähigen Zustand abzuwägen.