«Sexualität ist eine Kraftquelle des Lebens»

Interview Jeanne Fürst und Fabienne Eichelberger, 17. Oktober 2024

(Symbolbild: iStock)

Im Alter ändern sich die sexuellen Bedürfnisse. Wichtig ist, dass Paare miteinander reden, sagt die Psychotherapeutin, Sexual- und Allgemeinmedizinerin Daniela Wetzel-Richter.

Daniela Wetzel-Richter, wie verändert sich die Sexualität im Alter?
Bei Frauen können hormonelle Umstellungen dazu führen, dass die Vagina weniger befeuchtet ist. Zudem betrachten sie ihre körperlichen Veränderungen sehr kritisch. Falten und eine Gewichtszunahme lösen oft die Angst aus, nicht mehr zu gefallen. Bei Männern nimmt ab dem Alter von 60 Jahren die Stabilität der Erektion ab. Das führt häufig zu Versagensängsten.

Werden diese Ängste in Partnerschaften besprochen oder tabuisiert?
Das ist sehr unterschiedlich. Es wäre aber wichtig, sie zu thematisieren, um sich als Paar nicht zu verlieren. Schliesslich ist Sex gesundheitsfördernd und eine Kraftquelle des Lebens. Ältere Menschen in Partnerschaften finden aber häufig eine Form von Sexualität, die zu ihnen passt. Wird der Penis etwa nicht mehr steif genug, können Streicheln, Kuscheln und andere Arten der Stimulation wichtiger werden.

Daniela Wetzel-Richter, Leitende Ärztin, Abteilung für individuelle Psychotherapie, Klinik Schützen, Rheinfelden.

Was tun, wenn eine Person mit dem Sexleben unzufrieden ist und die andere keine Lust mehr hat?
In einem solchen Fall ist es wichtig, den Grund für die Lustlosigkeit zu verstehen: Entstand sie aus einer Wut auf den Partner oder die Partnerin? Ist die angebotene Form der Sexualität nicht passend? Oder leidet jemand an einer Depression und hat darum das Interesse verloren? Kennt man den Grund der Lustlosigkeit, kann man daran arbeiten.

Wo finden Paare Hilfe, die ihr Sexualleben verbessern möchten?
Man kann sexuelle Probleme bei der Gynäkologin, dem Urologen oder der Hausärztin ansprechen. Dafür fehlt aber vielen der Mut. Ich bin auch in der Ausbildung tätig und bringe den Ärztinnen und Ärzten darum bei, das Thema Sexualität von sich aus anzubringen. Auf den Websites swissexology.com und sexuelle-gesundheit.ch sind zudem Listen mit Fachpersonen und Beratungsstellen aufgeschaltet.

Wie können Fachpersonen dabei helfen, das Sexualleben zu verbessern?
Hausärztinnen und Hausärzten kommt zugute, dass sie meist beide Menschen in der Partnerschaft kennen. Sie können ein Gespräch zu dritt anbieten, in dem Missverständnisse aus der Welt geschafft werden. Bei einer sexualtherapeutischen Intervention wird unter anderem mit Körperübungen gearbeitet. Beispielsweise wird vorgegeben, dass man sich eine Weile nur streichelt, aber keinen Koitus haben darf. Dies kann Ängste abbauen und dazu führen, dass Paare sich und ihre Sexualität neu entdecken.

 

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