«Wer viel Licht tankt, kann besser schlafen»

Interview Jeanne Fürst und Fabienne Eichelberger, 19. September 2024

(Symbolbild: iStock)

Helligkeit hat einen grossen Einfluss auf unsere Nachtruhe und unsere Psyche. Gerade ältere Menschen sollten auf genug Tageslicht achten, sagt der Chronobiologe Christian Cajochen.

Christian Cajochen, warum benötigen wir Dunkelheit, um gut zu schlafen?
Wir Menschen sind eine tagesaktive Spezies. Es ist genetisch vorgesehen, dass wir in der Dunkelphase schlafen. Um gut zu schlafen, sollten wir möglichst frei sein von sensorischen Einflüssen. So stört etwa Lärm unseren Schlaf, aber eben auch das Licht. Ist es zur Schlafenszeit zu hell, verwirrt das unsere innere Uhr. Der Melatoninspiegel sinkt, was unserem Körper signalisiert: Es ist Zeit, aufzustehen.

Tagsüber sollten wir aber so viel Sonnenlicht wie möglich tanken?
Genau. Wer tagsüber viel Licht tankt, wird abends früher müde und verbringt mehr Zeit im Tiefschlaf. Zudem stärkt besonders das Morgenlicht die psychische Gesundheit.

Christian Cajochen ist Leiter Chronobiologie an den Universitären Psychiatrischen Kliniken Basel.

Wie viel Zeit sollten wir draussen verbringen?
Bei schönem Wetter eine Stunde, an einem trüben Novembertag wäre eine längere Dauer besser, um den Licht-Speicher zu füllen. Ist das nicht möglich, kann eine Lichttherapie-Lampe Abhilfe schaffen. Sie stellt Licht mit einer hohen Intensität bereit und gleicht den Mangel an natürlichem Sonnenlicht aus.

Benötigen alle Menschen gleich viel Licht?
Nein, das Ticken der inneren Uhr wird im Alter leiser. Um den Schlaf-Wach-Rhythmus aufrechtzuerhalten, ist es daher für ältere Menschen wichtiger, viel Licht aufzunehmen. So gelingt es ihnen, das Nickerchen über den Mittag auszulassen, wodurch sie nachts eher durchschlafen. Das ist beispielsweise bei Demenz wichtig: Ein stabiler Rhythmus kann den Abbau der geistigen Fähigkeiten entschleunigen.

Hat künstliches Licht einen schlechten Einfluss auf den Körper?
Nein, man sollte bloss darauf achten, welches Licht welchen Raum beleuchtet. Im Büro fördert kühles Licht die Konzentration. Im Schlafzimmer sollte man auf wärmeres Licht setzen, um den Schlaf nicht zu gefährden. Im Esszimmer empfiehlt sich ein Licht, das die Farben gut wiedergibt – ansonsten erscheinen einem die Speisen fahl.

Gibt es bautechnische Massnahmen, die sich positiv auswirken?
Die Fenster sollten so platziert werden, dass viel Tageslicht in die Räume eindringt, in denen es benötigt wird. In Altersheimen, Schulzimmern oder Fabrikhallen ist das besonders wichtig.

 

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