Interview Jeanne Fürst und Fabienne Eichelberger, 23. Mai 2024

Pro Jahr erleiden hierzulande rund 30 000 Menschen einen Herzinfarkt. Damit Betroffene überleben, muss schnell reagiert werden. Der Kardiologe Gregor Leibundgut sagt, was zu tun ist.
Gregor Leibundgut, wie erkennt man einen Herzinfarkt?
Die klassischen Symptome sind ein Druck auf der Brust mit Ausstrahlung in verschiedene Körperregionen – häufig in den linken Arm, aber auch ins Schulterblatt oder in den Oberbauch – sowie Übelkeit und Schweissausbrüche.
Bei Frauen werden Herzinfarkte oft spät erkannt. Woran liegt das?
Das hat verschiedene Gründe. Viele Menschen denken noch immer, einen Herzinfarkt würden hauptsächlich gestresste Männer im mittleren Alter erleiden. Bis zur Menopause sind Frauen durch Hormone tatsächlich besser vor einem Herzinfarkt geschützt. Danach treten Herzerkrankungen bei Frauen aber ähnlich oft auf wie bei Männern. Ein Herzinfarkt zeigt sich bei ihnen jedoch selten mit klassischen, sondern eher mit unspezifischen Symptomen. Viele klagen bloss über Unwohlsein oder Kurzatmigkeit.
Wie sollte man als Laie reagieren, wenn jemand einen Herzinfarkt erleidet?
Auf keinen Fall einfach wegschauen, sondern auf die betroffene Person zugehen. Zudem sollte man andere Menschen ansprechen, die ebenfalls helfen können, und jemanden bestimmen, der sofort die Notfallnummer 144 anruft. Dann schaut man, ob der Mensch ansprechbar ist. Ist das nicht der Fall, wird der Puls gemessen, und wenn keiner vorhanden ist, muss man sofort mit einer Herzdruckmassage beginnen. Der Kreislauf muss aufrechterhalten bleiben, sonst verstirbt der Patient. Ist ein Defibrillator in der Nähe, kann dieser genutzt werden.
Wie werden Herzinfarktpatienten im Spital behandelt?
Zuerst wird ein Katheter, ein 2 Millimeter dünner Schlauch, über eine Arterie bis zum Herz vorgeführt und Kontrastmittel injiziert. Zeigt sich ein Verschluss eines Herzkranzgefässes, muss das betroffene Gefäss wieder geöffnet werden. Dies geschieht mit einem Ballon oder einem dünnen Drahtgeflecht, dem sogenannten Stent.
Was hilft, einen Folgeinfarkt zu verhindern?
Medikamente wie Blutverdünner und Blutdruck- sowie Cholesterinsenker verringern die Wahrscheinlichkeit eines erneuten Infarktes. In einer ambulanten oder stationären Reha lernen Betroffene zudem unter anderem, wie sie ihre Ernährung umstellen und Übergewicht vermeiden können, welche Sportübungen die Herzgesundheit fördern. Und, wenn nötig, erhalten sie Unterstützung beim Rauchstopp. Es müssen sämtliche Risikofaktoren angegangen werden.