«Ein Kinderhospiz gibt Geborgenheit und Sicherheit»

Interview Jeanne Fürst und Fabienne Eichelberger, 1. Juni 2023

In der Schweiz leben bis zu 10 000 Kinder mit lebensverkürzenden Krankheiten. Welche Unterstützung das Allani Kinderhospiz bieten kann, sagt Geschäftsführer André Glauser.

André Glauser, in Europa gibt es 130 Kinderhospize, in der Schweiz kein einziges. Warum ist das so?
Unsere Spitalversorgung und die Kinderspitex sind sehr gut. Viele Entscheidungsträger denken, das reiche aus. Zwischen der Versorgung im Spital und jener zu Hause klafft jedoch eine Lücke. Im Spital fehlt die Geborgenheit, daheim die medizinische Sicherheit. Diese Lücke möchten Sie mit dem Allani Kinderhospiz, das 2024 in Bern eröffnet, schliessen.

Welchen Hürden sind Sie begegnet?
Hauptsächlich politischen und finanziellen. Ein Kinderhospiz ist in unserer Gesetzgebung nicht vorgesehen. Und wenn es keine Gesetzgebung gibt, werden keine öffentlichen Gelder gesprochen. Darum müssen wir uns zu 100 Prozent mit Spenden finanzieren.

André Glauser ist Geschäftsführer des Allani Kinderhospizes, das 2024 in Bern eröffnet wird.

Was wird im Allani Kinderhospiz angeboten?
Wir haben Platz für acht Kinder, die an einer lebensverkürzenden Krankheit leiden, und für ihre Familien. Den Kindern wollen wir eine schöne Zeit und professionelle Pflege bieten, den Eltern eine Entlastung, damit sie sich etwas Gutes tun können.

Sie haben bereits Testwochenenden durchgeführt. Wie waren die Rückmeldungen?
Ausschliesslich positiv. Eine Familie sagte, die zwei Tage hätten sich wie eine Woche Ferien angefühlt. Viele Eltern schätzen auch den Austausch mit anderen Betroffenen. Mich hat berührt, wie sie ihr Schicksal annehmen und dass die Stimmung trotz all der Schwere fröhlich war.

Wie unterscheidet sich Palliative Care für Kinder von jener für Erwachsene?
Bei Erwachsenen beträgt die Aufenthaltsdauer in einem Hospiz rund zwanzig Tage. Lebensverkürzend erkrankte Kinder können möglicherweise über Jahre hinweg für Kurzaufenthalte ins Kinderhospiz kommen. Es wird zwar auch bei uns gestorben, aber in erster Linie geht es um das Leben. Zudem sind wir über den Tod des Kindes hinaus für die Familien da und wollen Trauerbegleitung anbieten.

In Zürich und Basel sind weitere Kinderhospize geplant. Kann so die Lücke im Gesundheitssystem geschlossen werden?
Ich blicke positiv in die Zukunft und bin froh, dass es nicht bloss unser Projekt gibt. Mit drei Kinderhospizen können wir vielen Familien helfen. Aber es wird weiterhin auch die stationäre Versorgung in den Kinderspitälern und die ambulante Unterstützung der Kinderspitex benötigen. Wir wollen uns ergänzen, nicht konkurrenzieren.

 

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