«Man sollte nicht zuviel Zeit im Bett verbringen»

Interview Jeanne Fürst und Fabienne Eichelberger, 27. April 2023

(Symbolbild: iStock)

Schlafstörungen schaden unserer Gesundheit. Noch immer werden zu oft Medikamente und zu selten eine kognitive Verhaltenstherapie verschrieben, sagt die Psychologin Christine Blume.

Christine Blume, dreissig Prozent der Bevölkerung geben an, unter Schlafproblemen zu leiden. Ab wann ist von einer Schlafstörung die Rede?
Es gibt verschiedene Schlafstörungen. Eine Insomnie – die häufigste Form, die sich durch Ein- und Durchschlafstörungen zeigt – liegt vor, wenn man mindestens während eines Monats drei oder mehr Nächte pro Woche schlecht schläft. Zudem muss der schlechte Schlaf das Befinden am Tag beeinträchtigen und ein Leidensdruck vorliegen.

Welche Folgen haben Schlafstörungen?
Schlaf ist essenziell, damit der Körper funktioniert. Studien zeigen einen Zusammenhang zwischen Schlafstörungen und Stoffwechsel- und Herz-Kreislauf- Erkrankungen sowie Depressionen. Die Schlafstörungen müssen aber nicht Ursache der Krankheiten sein. Bei Depressionen besteht etwa eine Wechselwirkung: Bis zu neunzig Prozent der Betroffenen haben Schlafprobleme, gleichzeitig erhöhen Schlafstörungen das Risiko, eine Depression zu entwickeln.

Christine Blume ist Schlafforscherin am Zentrum für Chronobiologie der Universität Basel und den Universitären Psychiatrischen Kliniken Basel

Wo erhält man Hilfe bei Schlafstörungen?
Die erste Anlaufstelle sind Hausärztinnen und Hausärzte. Sie können ihre Patienten an Schlafmediziner weiterverweisen. Leider werden zu häufig Schlafmittel verordnet. Gemäss einer Untersuchung der Universität Bern wird nur ein Prozent der Betroffenen mit einer kognitiven Verhaltenstherapie behandelt, die laut Leitlinie die erste Wahl darstellen sollte.

Weshalb sind Schlafmittel keine gute Lösung?
Zu lange eingenommen, können sie abhängig machen. Zudem bekämpfen sie nur die Symptome und nicht die Ursachen.

Wie funktioniert eine kognitive Verhaltenstherapie?
Wir setzen uns mit Vorstellungen rund um den Schlaf auseinander und klären über falsche Annahmen auf. Viele Menschen denken etwa, sie müssten acht Stunden durchgehend schlafen. Wissen sie, dass wir alle bis zu dreissigmal pro Nacht aufwachen, reduziert das den Druck. Zudem beschäftigen wir uns mit dem Verhalten der Betroffenen und versuchen, dieses so zu verändern, dass es guten Schlaf fördert.

Wovon raten Sie ab?
Tagsüber zu schlafen und zu viel Zeit im Bett zu verbringen. Wer nach 20 bis 30 Minuten nicht eingeschlafen ist, steht besser wieder auf.

Welche weiteren Tipps verbessern den Schlaf?
Man sollte zu Bett gehen, wenn man müde ist, und ein regelmässiges Schlaffenster einhalten. Weiter fördern Bewegung und Tageslicht den gesunden Schlaf. Im Schlafzimmer sollte es ruhig und kühl sein, weil zum Einschlafen die Körpertemperatur sinken muss.

 

Empfehlen Sie diesen Beitrag weiter: