«Die Früherkennung hilft Leben retten»

 Interview Jeanne Fürst und Danica Gröhlich, 10. Dezember 2020

(Symbolbild: iStock)

Beizeiten erkannt, kann Darmkrebs oft gut behandelt werden. Deshalb ist der Gang zur Vorsorge für Menschen ab 50 so wichtig, sagt der Darmchirurg Daniel Steinemann.

Herr Steinemann, wie zeigt sich Darmkrebs?
Darmkrebs kann im gesamten Dickdarm auftreten. Knapp ein Drittel der Erkrankungen treten im Enddarm auf, in den untersten 16 Zentimetern des Dickdarms. Symptome von Darmkrebs können Veränderung der Stuhlgewohnheiten sein, Wechsel von Durchfall und Verstopfung, Blut im Stuhl oder plötzlich gehäufter Stuhldrang und Schleimabgänge. Im Frühstadium treten jedoch meistens keine bemerkbaren Beschwerden auf. Gerade deshalb ist die Früherkennung mit einer Darmspiegelung ab dem 50. Altersjahr so wichtig. Alternativ auch ein Stuhltest für den Nachweis von Blut.

Wer ist besonders betroffen?
Das Risiko, an Darmkrebs zu erkranken, steigt mit dem Alter an. Männer sind etwas häufiger betroffen. Ein erhöhtes Risiko besteht auch bei chronisch entzündlicher Darmerkrankung und bei familiären Vorbelastungen, also wenn nahe Verwandte vor dem 60. Lebensjahr an dieser Krebsart erkrankten. Etwa drei bis fünf Prozent der Erkrankungen gehen auf vererbliche, genetische Veränderungen zurück. Betroffenen und Angehörigen bieten wir heutzutage eine genetische Beratung an, in der eine individuelle Vorsorge bestimmt wird.

PD Dr. med. Daniel Steinemann, Leitender Arzt, Viszeralchirurgie, Clarunis – Universitäres Bauchzentrum Basel

Nimmt die Diagnose Darmkrebs zu?
Dank verbesserter Früherkennung ist das Auftreten von Darmkrebs in den letzten 20 Jahren leicht rückläufig. Allerdings hat die Häufigkeit von Darmkrebs bei jungen Erwachsenen, ohne spezielle genetische Veranlagung, in den letzten Jahren zugenommen.

Warum?
Die Ursachen sind unklar. Vermutet wird ein erhöhtes Risiko durch Rauchen, Bewegungsmangel bei zunehmend sitzender Tätigkeit, Übergewicht und einseitige, ballaststoffarme Ernährung. Rotes sowie verarbeitetes Fleisch wie Wurstwaren erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass Darmkrebs entstehen kann. Deshalb ist es wichtig, dass bei Darmbeschwerden eine Darmspiegelung durchgeführt wird – auch bei jungen Patienten.

Wie hat sich die Behandlung in den letzten Jahren verändert?
Bei Darmkrebs ist die Operation nach wie vor ein wichtiger Bestandteil. Wird der Tumor in einem Frühstadium entdeckt und hat noch keine Ableger gebildet, erfolgt nach der Operation eine engmaschige Tumor-Nachsorge, um einen Rückfall frühzeitig feststellen zu können. Ist der Tumor fortgeschritten, wird zusätzlich zur Operation eine Chemotherapie durchgeführt. Bei Darmkrebs mit Metastasen, also Ablegern, kommen zielgerichtete Therapien etwa mit monoklonalen Antikörpern in Frage, die sich gegen spezifische Merkmale der Tumorzellen richten.

 

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