Interview Jeanne Fürst und Fabienne Eichelberger, 21. November 2024
Bis zwei Prozent der Bevölkerung erkranken einmal an kreisrundem Haarausfall. Meist hilft es, geduldig zu sein. Wann der Griff zur Arznei angezeigt ist, sagt der Dermatologe Christian Greis.
Christian Greis, was versteht man unter kreisrundem Haarausfall?
Der kreisrunde Haarausfall, Alopecia areata genannt, ist die zweithäufigste Erkrankung, die mit Haarverlust einhergeht. Die häufigste ist der hormonell bedingte Haarausfall, meist bei Männern mit zunehmendem Alter. Alopecia areata hat zur Folge, dass klar abgegrenzte runde oder ovale Bereiche der behaarten Haut kahl werden.
Wer ist gefährdet, daran zu erkranken?
Meist tritt die Krankheit bei Kindern und jungen Erwachsenen auf. Sie kann aber auch bei älteren Menschen ausbrechen. Personen mit dunklen Haaren leiden häufiger an Alopecia areata.
Weshalb?
Die genaue Ursache von kreisrundem Haarausfall ist nicht geklärt. Man geht davon aus, dass es sich um eine Autoimmunerkrankung handelt. Dabei werden die Haarwurzelzellen angegriffen – unter anderem die pigmentbildenden Zellen. Menschen mit dunklen Haaren haben mehr davon.
Betrifft der kreisrunde Haarausfall nur das Kopfhaar?
Alopecia kann in jedem behaarten Bereich des Körpers auftreten. Ist die gesamte Kopfhaut betroffen, spricht man von Alopecia totalis. Fallen auch Barthaare, Wimpern, Augenbrauen und andere Körperhaare aus, handelt es sich um Alopecia universalis. Die ist jedoch selten.
Wie wird kreisrunder Haarausfall behandelt?
Die vielversprechendste Therapie ist es, abzuwarten. Bei bis zu 80 Prozent der Betroffenen verschwindet die Krankheit innert eines Jahres von selbst. Eine negativere Prognose haben jene, bei denen der Haarausfall vor dem zehnten Lebensjahr auftritt, wenn der Hinterkopf betroffen ist oder der Haarausfall länger als 12 Monate bestehen bleibt.
Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es bei diesen Fällen?
Es werden entzündungshemmende Medikamente wie eine Cortison-Creme verschrieben, die Betroffene auf die kahlen Hautstellen auftragen können. Ähnliche Produkte werden auch per Spritze oder in Tablettenform verabreicht. Seit 2023 ist ein neues, antientzündlich wirkendes Medikament zugelassen, das bei schweren Verlaufsformen helfen kann. Für eine Diagnose müssen die Patientinnen und Patienten zudem nicht zwingend in eine Klinik kommen. Das Universitätsspital Zürich bietet online eine Sprechstunde an. Betroffene können Bilder von ihren Haarveränderungen einreichen und einen Fragebogen ausfüllen. Innerhalb von 24 Stunden erhalten sie eine Einschätzung und bei Bedarf eine Handlungsempfehlung.