«In Beziehungen liegt das grösste Potenzial für Glück – und Unglück»

Von Danica Gröhlich, 1. Juni 2022

Platz für Lebensfreude: Eva Wannenmacher hat während der Coaching-Ausbildung auch viel über sich gelernt. (Mirjam Kluka)

TV-Moderatorin Eva Wannenmacher ist durch persönliche Krisen gewachsen. Abseits der Kamera verhilft sie dank stetiger Aus- und Weiterbildung Menschen zu mehr Lebensfreude.

Mitten in der Pandemie hat «Kulturplatz »-Moderatorin Eva Wannenmacher Neues gewagt: Sie hat in Zürich ihr eigenes «Labor der Lebensfreude» gegründet. In ihrer Praxis bietet die 51-Jährige neben ihrer Arbeit fürs Schweizer Fernsehen SRF psychologisches Coaching zu privaten und beruflichen Themen an. Dazu gehören auch sexologische Beratungen und einiges an Körperarbeit. Denn Reiki, Yoga oder Meditationen können Entwicklungsprozesse unterstützen, ist sie überzeugt.

Frau Wannenmacher, wie entstand der Wunsch, nochmals in die Schule zu gehen und eine Ausbildung zum Life-Coach zu absolvieren?
Ich bin ein neugieriger Mensch und verstehe mich immer auch als Lernende. Mit dieser Lebenshaltung kann ich fast täglich Neues lernen – und das hält mich erst noch jung! In meinen Lebensjahren ab 40 wuchs das Bedürfnis nach Vertiefung und neuen Horizonten immens – und zum Glück konnte ich mir dafür die nötige Zeit nehmen.

Ihre Praxis heisst «Labor der Lebensfreude ». Was bedeutet für Sie persönlich Lebensfreude?
Echte Lebensfreude bedeutet für mich, selbst in schwierigen Lebensabschnitten das Gute zu sehen, sich an kleinen Wundern freuen zu können, eine Heiterkeit zu pflegen. All das ist lernbar und hat eine grosse Wirkung auf unser Befinden. Und Lebensfreude ist eng mit Lebenssinn verknüpft. Sehen wir einen Sinn in unserm Sein und Tun, macht uns das glücklich, fühlen wir uns gebraucht, bleiben wir gesund.

Mit welchen Themen kommen Frauen zu Ihnen?
Mit komplett unterschiedlichen Lebens-Themen. Aber in irgendeiner Form geht es dabei doch meistens um eines – nämlich um Beziehungen: Zum Partner, zur Ursprungsfamilie, oder auch zum Chef. In unseren Beziehungen liegt das grösste Potenzial für Glück – und auch für Unglück.

Neben der Lebensberatung bieten Sie auch Hilfe für Sinnlichkeit und Sexualität an: Was möchten Frauen in diesem Bereich lernen?
Für viele Frauen wie Männer ist die Sexualität ein zentrales Lebens-Thema. Aber es gibt noch immer grosse Hemmungen, darüber zu sprechen. Auch wenn im Internet der nächste Porno nur ein Mausklick entfernt ist und wir in einer übersexualisierten Gesellschaft leben, ist es doch eine Tatsache, dass manche Frau noch nie einen Orgasmus erlebt hat. Und Männer fühlen sich oft ohnmächtig und unsicher, was ihr Mannsein betrifft. In meiner Praxis gibt es dafür einen geschützten Raum, auch für Paare.

«Wir sind nicht zum Alleinsein bestimmt, wir brauchen den Austausch.»

Dann dürfen auch Männer für ein Coaching zu Ihnen kommen? Wie viele haben sich schon «gewagt»?
Seit letztem Sommer steht meine Praxis auch für Männer offen. Und inzwischen ist ein Drittel meiner Kundschaft männlich, was mich sehr freut. Als ich startete, hatte ich mich auf die Frauen fokussiert. Es war mir ein Bedürfnis, meine Energie dort zu bündeln. Doch irgendwann fragte mich eine Freundin, weshalb ich eigentlich die Männer ausschliesse und, ob ich das sinnvoll fände. Da musste ich über die Bücher.

Welche Erfolge, aber auch Rückschläge in Ihrem Leben helfen Ihnen nun im Coaching für andere?
Ich habe drei Kinder aus zwei Ehen, war einst ein Shootingstar bei «10 vor 10», aber auch arbeitslos nach dem Senderschluss von TV3. Ich kenne also einige Höhen und Tiefen im Leben, was bestimmt hilft für eine empathische Grundhaltung als Beraterin und Coach. Aber grundsätzlich ist im Coaching das Zuhören und Nachfragen eine der wichtigsten Eigenschaften – und da geht es immer um mein Gegenüber und nicht um mich.

Haben Ratsuchende eher Hemmungen, weil sie Sie aus dem Fernsehen kennen?
Viele meiner Klientinnen und Klienten beschreiben ein Gefühl des Vertrautseins, da sie mich von langen Jahren am TV kennen – sprich als Stammgast in ihrem eigenen Wohnzimmer! (lacht) Was ich aber auch immer wieder erlebe ist, dass es bis heute viele Menschen einiges an Überwindung kostet, überhaupt eine psychologische Beratung anzunehmen. Wer dann diese Schwelle geschafft hat, kann in den meisten Fällen rasch eine Besserung des Befindens feststellen. Ein Gespräch ist eine Art der Zuneigung, auch ein therapeutisches. Und Zuneigung, das fehlt vielen.

Wie ist Ihr Fazit nach bald zwei Jahren als Life-Coach?
Als ich mir im Herbst 2020 mitten in der Pandemie ein Herz fasste und meine selbständige Tätigkeit lancierte, konnte ich nicht erahnen, wie rasch dieses zweite berufliche Standbein sich zu einem sinnstiftenden neuen Lebensabschnitt entwickeln würde. Heute arbeite ich 50 Prozent in meiner Praxis und freue mich über Stamm-Klientel wie auch über viele Mutige, die neu zu mir kommen und die ich begleiten darf auf ihrem Weg, ob kurz oder lang. Mein Fazit ist, dass viele Menschen einsam sind – ob sie in Beziehungen leben oder nicht. Alleine mit ihren Entscheiden, alleine mit ihren Problemen. Aber wir sind nicht zum Alleinsein bestimmt, wir brauchen den Austausch. Und die fundamentalste Einsicht ist: Wir können lernen, das Gute zu sehen.


Zur Person

Eva Wannenmacher (Mirjam Kluka)

Eva Wannenmacher (51) arbeitet seit 18 Jahren für die SRF-Sendung «Kulturplatz ». «Eine lange Ära des Glücks und der Freude – auch privat», wie sie rückblickend sagt.

Sie lernte ihren zweiten Mann kennen und bekam nach dem 1996 geborenen Sohn aus erster Ehe mit ihm zwei Töchter. «Doch nach symbiotischen Jahren der Liebe ging es uns wie vielen Eltern: «Brutpflege» kann eine Belastung sein für die Partnerschaft. Wir trennten uns, lebten andere Beziehungen und konnten uns doch nicht frei geben. Ein intensiver Prozess.»

Inzwischen lebt Wannenmacher in einer neuen, glücklichen Beziehung und ist sehr dankbar für dieses Geschenk. Denn sie ist überzeugt: «Das Glück findet uns, wenn wir nicht danach suchen.» In den vergangenen 25 Jahren war die Fernseh-Frau auch stets auf einem Weg der inneren Entwicklung mit Aus- und Weiterbildungen in Yoga und Meditation, Tao, Reiki sowie Schamanismus.

Am Institut für körperzentrierte Psychotherapie IKP in Zürich schloss sie dann die Ausbildung zum psychologischen Coach ab, diesen Frühling zusätzlich ein Modul in Sexologie. Bereits im Herbst 2020 hatte sie in Zürich das «Labor der Lebensfreude» eröffnet, ihre eigene Praxis für Lebensberatung.

Mehr über Eva Wannenmacher und ihr «Labor der Lebensfreude»:
www.evawannenmacher.com


Danica Gröhlich ist Redaktorin bei «GESUNDHEITHEUTE», der Gesundheitssendung am Samstagabend auf SRF 1.
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