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Schweizer Familie

«Was besprochen wird, bleibt in der Gruppe»

«Was besprochen wird, bleibt in der Gruppe»

Interview Jeanne Fürst und Fabienne Eichelberger, 23. Oktober 2025

(Symbolbild: iStock)

Es braucht Mut, sich vor anderen Menschen zu öffnen. Doch bei vielen psychischen Belastungen kann Austausch helfen, sagt der Psychiater Thomas Egger.

Thomas Egger, bei vielen Menschen löst der Gedanke an eine Gruppentherapie Unbehagen aus. Was fürchten sie?
Viele sind unsicher, ob sie in der Gruppe zu viel von sich preisgeben müssen und ob das Gesagte vertraulich genug behandelt wird. Eine weitere Sorge ist, dass die Geschichten der Gruppenmitglieder zu belastend sind und einen selbst herunterziehen.

Wie begründet sind diese Ängste?
Niemand muss etwas erzählen, was er oder sie nicht teilen möchte. Natürlich ist es erwünscht, dass sich alle aktiv mit ihren Geschichten einbringen, um mit dem Erlebten und den Gefühlen arbeiten zu können. Doch die Teilnehmenden entscheiden selbst, wie sehr sie ins Detail gehen möchten. Zudem gilt: Was in der Gruppe besprochen wird, bleibt in der Gruppe.

Thomas Egger, ist Co-Chefarzt Psychiatrie am Ambulatorium Psychosomatik in St. Gallen.

Wie gross ist die Gefahr, dass sich Teilnehmende gegenseitig belasten?
Die Gruppenleitung muss diese Sorge ernst nehmen. Deshalb führt sie mit allen Vorgespräche, um zu klären, welche Themen besonders belastend sein könnten. Entsprechend werden Gespräche und Dynamiken gesteuert. Es ist erlaubt, ja erwünscht, sich zu melden, wenn man überfordert ist, oder den Raum zu verlassen, wenn nötig. Wichtig ist, die eigenen Grenzen und Bedürfnisse zu erkennen.

Warum ist der Austausch in einer Gruppentherapie sinnvoll und hilfreich?
Es entsteht ein Gemeinschaftsgefühl. Jede und jeder bringt eine eigene Geschichte mit – und doch ähneln sich viele Erfahrungen. Die Betroffenen erkennen, dass sie mit ihren Herausforderungen nicht allein sind. In der Gruppe können zudem bestimmte Situationen genauer betrachtet werden, etwa wenn jemand immer wieder aneckt oder sich abgrenzt. Die anderen Teilnehmenden können ihre Perspektive einbringen und Tipps geben.

Wann helfen Gruppentherapien besonders?
Sie wirken sehr gut bei Menschen mit Stressfolgeerkrankungen, Angststörungen, Depressionen und chronischen Schmerzen. Weniger geeignet sind sie bei akuter Suizidalität oder akuten Psychosen.

Was muss erfüllt sein, damit eine Gruppentherapie funktioniert?
Die Teilnehmenden müssen motiviert sein, aktiv in der Gruppe mitzuwirken. Zudem sollten die Gruppen klein genug sein, damit alle ihre Anliegen einbringen können.

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