Skip to main content
Schweizer Familie

«Der Austritt fängt beim Eintritt an»

«Der Austritt fängt beim Eintritt an»

Interview Jeanne Fürst und Fabienne Eichelberger, 30. Oktober 2025

(Symbolbild: iStock)

Ein Aufenthalt in der Psychiatrie ist oft negativ behaftet. Doch er kann Menschen unterstützen, die ihren Alltag nicht mehr bewältigen können, sagt die Psychiaterin Tanja Krügers.

Tanja Krügers ist leitende Ärztin an der Klinik Schützen in Rheinfelden.

Tanja Krügers, weshalb löst der Gedanke an einen stationären Psychiatrieaufenthalt oft Unbehagen aus?
Viele fürchten sich vor Stigmatisierung, weil psychische Erkrankungen lange als Makel galten. Das ist heute zum Glück anders. Manche haben auch Sorge, zur Einnahme von Medikamenten gezwungen zu werden. Das ist nicht der Fall. Wir informieren unsere Patientinnen und Patienten umfassend über Chancen und mögliche Nebenwirkungen einer medikamentösen Behandlung – und ebenso darüber, was es bedeutet, wenn sie sich dagegen entscheiden.

Einige Menschen fürchten, lange in einer psychiatrischen Klinik eingesperrt zu sein.
Wir behandeln wie die meisten Kliniken mit offenen Türen – wer zu uns kommt, kann jederzeit nach Hause. Nur wenn Menschen sich oder andereernsthaft gefährden, kann eine Behandlung gegen den Willen nötig sein. Juristisch ist genau definiert, wann und wie lange das möglich ist. In der Regel bleiben Behandlungen jedoch freiwillig, denn Psychotherapie funktioniert nur, wenn die Betroffenen mitmachen.

Wann ist ein stationärer Aufenthalt sinnvoll?
Wenn die ambulante Behandlung keine ausreichende Besserung ergibt, man sein Lebennicht mehr selbständig bewältigen kann, keine Unterstützung hat oder Angehörige erschöpft sind und sich Sorgen machen. Dann hilft es, das gewohnte Umfeld zu verlassen und zu lernen, wieder aktiv zu werden und aus alten Mustern herauszutreten.

Welche Therapien erhalten Ihre Patientinnen und Patienten?
Uns ist ein multiprofessioneller Ansatz wichtig. Zur Behandlung zählen Psychotherapie, Bezugspflege, medikamentöse Unterstützung sowie Gruppen-, Kreativ- und körperbezogene Therapien. Ausserdem arbeiten wir daran, wieder eine stabile Tagesstruktur aufzubauen und handlungsfähig zu werden.

Wie gelingt die Rückkehr in den Alltag?
Bei uns gilt: Der Austritt fängt beim Eintritt an. Das bedeutet: Schon zu Beginn überlegen wir, in welche Lebenssituation die Betroffenen nach dem Aufenthalt zurückkehren werden. Wir planen frühzeitig, was für eine gelingende Rückkehr nötig ist. Meist verbringen die Patientinnen und Patienten nach zwei bis drei Wochen die Wochenenden oder Abende zu Hause. So können sie das neu Erlernte im Alltag erproben und sind trotzdem nicht auf sich allein gestellt.

Empfehlen Sie diesen Beitrag weiter: