«Am Ende zählt nur das Leben zu erhalten»

Interview Jeanne Fürst und Fabienne Eichelberger, 2. Mai 2024

(Symbolbild: iStock)

Menschen, die einen medizinischen Notfall erleiden, sind oft auf die Hilfe von Laien angewiesen. Wie diese idealerweise reagieren sollten, sagt der Notfallmediziner Beat Lehmann.

Beat Lehmann, was sind die häufigsten Notfälle, die Erste Hilfe erfordern?
Bei solchen, denen kein Unfall zugrunde liegt, handelt es sich häufig um Herzinfarkte, Schlaganfälle und allergische Probleme. Das Spektrum der Ereignisse ist jedoch sehr breit.

Worauf gilt es in jedem Notfall zu achten?
Zuerst sollte man immer für die eigene Sicherheit sorgen, dann überprüfen, ob die Person ansprechbar ist, und wenn das nicht der Fall ist, muss sofort der Notruf über die Nummer 144 alarmiert werden. Im schlimmsten Fall ist der Patient nicht ansprechbar und atmet nicht. Dann müssen unverzüglich Wiederbelebungsmassnahmen ergriffen werden.

Beat Lehmann ist stv. Chefarzt der Universitätsklinik für Notfallmedizin am Inselspital.

Wie ist das genaue Vorgehen?
Auch dann muss zuerst die Nummer 144 angerufen werden. Dadurch wird sofort die Ambulanz aufgeboten, und die Fachpersonen am Telefon können zudem die Helfenden anweisen, eine Herzdruckmassage zu machen, oder darüber informieren, wo sie einen Defibrillator finden.

Was gilt bei einer Herzdruckmassage?
Wichtig ist, dass man sie sofort macht, damit der Kreislauf aufrechterhalten bleibt. Dazu setzt man die Handballen in der Mitte des Brustbeins auf und drückt den Brustkorb rund 5 bis 6 Zentimeter ein. Dann sollte man mit einer Frequenz von 100- bis 120-mal pro Minute drücken.

Wie geht man mit einem Defibrillator um?
Man schaltet ihn ein und folgt den Anweisungen des Geräts. Es führt sicher durchs ganze Programm. Was man nicht tun sollte, ist, den Patienten oder die Patientin während der Defibrillation zu berühren – aber auch darauf weist der Defibrillator hin.

In welchen Situationen sollte man Patienten besser nicht anfassen?
Wenn jemand beispielsweise von einem Baum gefallen ist und an der Wirbelsäule verletzt sein könnte. Ist der Betroffene ansprechbar, sollte man mit Bewegungen zurückhaltend sein, die 144 anrufen und sich leiten lassen. Atmet jemand aber nicht mehr, tritt alles andere in den Hintergrund, und es geht darum, das Leben zu erhalten.

Gehen Patientinnen und Patienten tendenziell zu früh in den Notfall?
Nein. Ist man unsicher, sollte man lieber zu früh als zu spät in den Notfall. Beschwerden wie ein Druck auf der Brust lassen sich zu Hause nicht richtig einschätzen, sondern nur mit einer professionellen Untersuchung. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) definiert einen Notfall als eine Situation, in der Patienten oder eine Drittperson das Gefühl haben, dass sofortige Hilfe benötigt wird.

 

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