«Die Nierenfunktion bleibt nach der Spende konstant»

Interview Jeanne Fürst und Fabienne Eichelberger, 14. Dezember 2023

(Symbolbild: iStock)

In der Schweiz stammen mehr als ein Drittel der transplantierten Nieren von lebenden Spenderinnen und Spendern. Der Nephrologe Jürg Steiger sagt, was es zu beachten gilt.

Jürg Steiger, welche Voraussetzungen muss jemand erfüllen, der eine Niere spenden möchte?
Er oder sie muss zwei funktionsfähige Nieren haben, volljährig und gesund sein. Letzteres ist jedoch relativ.

Was heisst das?
Ein hoher Blutdruck ist beispielsweise kein Ausschlusskriterium mehr. Auch wer einen Tumor hatte, aber seit zwei Jahren als geheilt gilt, darf spenden. Wichtig ist, dass die Nierenfunktion ausreicht und der Spender oder die Spenderin keine übertragbare Krankheit hat.

Jürg Steiger ist Chefarzt Transplantations­immunologie und Nephrologie am Unispital Basel.

Müssen die Blutgruppen von Spender und Empfänger identisch sein?
Nein. Bis 2005 mussten sie kompatibel sein. So konnte etwa jemand mit Blutgruppe 0 allen Menschen Organe spenden, selbst aber nur solche von Menschen mit Blutgruppe 0 empfangen. Heute kann man auch eine Niere von einem Menschen mit inkompatibler Blutgruppe transplantieren. Das benötigt aber eine Vorbereitung mit Immunsuppressiva und eine Entfernung der Blutgruppenantikörper vor der Transplantation. 4

Lange galt es als problematisch, seinem Partner oder seiner Partnerin eine Niere zu spenden. Wie sieht das heute aus?
Das ist kein Problem mehr. Mittlerweile ist es sogar die häufigste Kombination, dass Spender und Empfänger in einer Beziehung sind. Früher ging man davon aus, die Transplantation könnte die Partnerschaft belasten. Es ist aber das Gegenteil der Fall. Auch die Spenderin oder der Spender profitiert, indem er oder sie wieder einen gesunden Partner oder eine gesunde Partnerin an der Seite hat.

Welche gesundheitlichen Folgen hat die Nierenspende für den spendenden Menschen?
Mit den Jahren steigt das Risiko, einen hohen Blutdruck zu entwickeln. Dieser muss deshalb regelmässig kontrolliert werden. Die Nierenfunktion reduziert sich nach der Spende auf 70 bis 80 Prozent des Ausgangswertes. Das ist jedoch bei weitem ausreichend, da der Mensch eine grosse Reserve in der Nierenfunktion aufweist. Erst wenn diese unter 10 Prozent liegt, benötigt man eine Nierenersatztherapie. Da die Nierenfunktion nach der Spende konstant bleibt, reicht die Restfunktion für den Spender jedoch weiterhin aus.

Wie lange müssen Spenderinnen und Spender im Spital bleiben?
Meist können sie fünf Tage nach der Operation nach Hause. Wie lange sie arbeitsunfähig sind, hängt vom Job ab. Müssen Lasten getragen werden, sollten die Spender zwei Monate nicht arbeiten, einen Bürojob kann man hingegen nach einem Monat wieder ausüben.

 

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