«Druckgefühle auf der Brust gehören abgeklärt»

Interview Jeanne Fürst und Fabienne Eichelberger, 9. November 2023

(Symbolbild: iStock(

Bei Herznotfällen muss unverzüglich die Ambulanz alarmiert werden. Mit welchen Symptomen sie sich zeigen, sagt der Kardiologe Lorenz Räber.

Lorenz Räber, wie soll man reagieren, wenn jemand einen Herzinfarkt erleidet?
Sofort die Notfallnummer 144 anrufen. Es könnten lebensbedrohliche Herzrhythmusstörungen auftreten, die eine Wiederbelebung mittels Elektroschock bedingen. Zudem sorgen die alarmierten Fachpersonen dafür, dass im Spital alles für den Patienten vorbereitet wird. Das spart Zeit. Weiter sollte man den Betroffenen in eine Position bringen, in welcher der Oberkörper angehoben ist.

Wie lässt sich ein Herzinfarkt erkennen?
Typische Symptome sind Druckgefühle oder Schmerzen hinter dem Brustbein oder auf der linken Seite der Brust. Häufig strahlen sie in den linken Arm, seltener in den Hals, den Kiefer oder in den Rücken aus. Ebenfalls selten treten Beschwerden einzig im Oberbauch auf. Begleitbeschwerden können Atemnot, Erbrechen und Kaltschweissigkeit sein.

Lorenz Räber ist Professor und Leiter des grössten Schweizer Herzkatheterlabors am Inselspital Bern.

Sind bei Frauen atypische Symptome häufiger?
Ja, aber auch bei ihnen zeigt sich ein Herzinfarkt in der Mehrheit der Fälle mit den typischen Symptomen. Diese werden bei Frauen aber oft verkannt. Das Risiko für Herzinfarkt steigt zwar bei Frauen nach der Menopause, trotzdem ist die Häufigkeit von Herzinfarkten bei Männern bis 80 viel höher. Darum gehen selbst Fachpersonen bei Frauen trotz typischer Symptome eher von muskulären oder skelettalen Ursachen aus.

Ein weiterer Herznotfall ist der Herz-Kreislauf-Stillstand. Was gilt es zu beachten?
Er lässt sich daran erkennen, dass der Patient nicht ansprechbar ist und nicht atmet oder Schnappatmung hat. Dann muss man unverzüglich mit einer Herzmassage beginnen und die Ambulanz rufen. Sind weitere Menschen vor Ort, sollten diese das Alarmieren übernehmen und wenn möglich einen Defibrillator herbeischaffen.

Welche neuen Methoden kommen bei der Behandlung von Herznotfällen zum Einsatz?
Unter anderem erfolgt der Zugang zum Herz heute standardmässig über den Arm und nicht mehr über die Leisten. So kommt es seltener zu Komplikationen. Weiter wurden die Stents, die in verengte Herzkranzgefässe implantiert werden, dünner. Dank neuer Kameras erhalten wir präzisere Bilder aus dem Innern der Gefässe und können besser überprüfen, ob die Stents gut sitzen.

Künden Warnsignale einen Herznotfall an?
50 Prozent der Betroffenen haben rund zwei Wochen vor einem Herzinfarkt vorübergehende Druckgefühle auf der Brust. Auch eine Leistungsschwäche oder starke Müdigkeit können Vorboten sein. Diese Anzeichen gehören abgeklärt.

 

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