«Angst kann sich unterschiedlich zeigen»

Interview Jeanne Fürst und Fabienne Eichelberger, 25. Mai 2023

(Symbolbild: iStock)

Angststörungen sind die häufigste psychische Erkrankung. Während der Pandemie ist die Zahl der Betroffenen angestiegen. Die Beschwerden liessen sich gut behandeln, sagt die Psychiaterin Beate Immel.

Beate Immel, welche Ängste plagen uns Menschen?
Angst kann sich auf alles beziehen. Wir können etwa Angst haben vor Trennungen oder Krankheiten. Besonders ausgeprägt sind Zukunftsängste. Diese wurden durch die Corona- Pandemie und den Krieg in der Ukraine befeuert. Seit 2019 haben Angststörungen weltweit um 25 Prozent zugenommen. Die Angst selbst ist jedoch ein Grundgefühl. Wir alle haben Angst. Sie schützt uns vor realer Gefahr und sichert unser Überleben.

Was unterscheidet einen ängstlichen Menschen von jemandem, der an einer Angststörung leidet?
Die Angst wird dann zu einem Problem, wenn sie übertrieben, unrealistisch und grundlos ist und den Alltag beeinträchtigt. Sie kann sich auf verschiedene Arten zeigen. Wir unterscheiden Ängste mit konkretem Auslöser, die Phobien, von solchen ohne Auslöser, wie Panikstörungen oder generalisierten Angststörungen.

Beate Immel, Psychiaterin, ist stellvertretende Chefärztin der Klinik Schützen Rheinfelden AG.

Was geschieht im Körper, wenn man Angst hat?
Das Herz klopft schneller, der Puls wird höher, man beginnt zu schwitzen. Menschen mit Angststörungen denken dann, sie bekämen keine Luft mehr oder ihr Herz bleibe bald stehen. Sie nehmen diese körperlichen Symptome viel stärker wahr, als sie tatsächlich sind.

Sollten Angststörungen so rasch wie möglich behandelt werden?
Das gilt für sämtliche psychische Erkrankungen. Greift man früh ein, sind die Muster noch weniger verfestigt.

Wie werden Angststörungen therapiert?
Da sie auf unterschiedliche Weise auftreten, gibt es verschiedene Behandlungsansätze. Jemand, der sich nicht traut, mit Fremden zu sprechen, braucht eine andere Therapie als jemand, der an einer Panikstörung leidet. Inzwischen gibt es wissenschaftlich gut belegte, differenzierte Behandlungsmethoden.

Welche helfen den Patientinnen und Patienten?
Bei einer Phobie setzen wir auf Konfrontationstraining. Wir begeben uns mit den Betroffenen in die für sie beängstigende Situation. Dies ist Teil einer Verhaltenstherapie, die auch bei anderen Ängsten zum Zuge kommt. Hierbei geht es unter anderem darum, das Angst-, Flucht- und Vermeidungsverhalten besser zu verstehen und andere Vorgehensweisen einzuüben. Unterstützend können niedrig dosierte Antidepressiva eingesetzt werden. Die Psychotherapie ist jedoch bei der Behandlung aller Angststörungen zentral.
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