«Im zweiten Jahr sind Rückfälle selten»

Interview Jeanne Fürst und Fabienne Eichelberger, 15. Dezember 2022

(Symbolbild: iStock)

Infektionen an Muskeln und Knochen sind schwierig zu heilen. Erforderlich sind oft mehrere Fachpersonen, sagt der orthopädische Chirurg Martin Clauss.

Martin Clauss, leidet jemand an einer sogenannten «muskuloskelettalen Infektion», ist häufig ein ganzes Expertenteam gefordert. Weshalb?
Weil die Behandlung meist komplex ist und die Infektion häufig mehrere Areale des Körpers betrifft. Nebst Knochen und Muskeln können das auch Sehnen oder Gelenke sein. In einigen Fällen ist zudem die Durchblutung gestört, weshalb unter anderem Fachärztinnen für Gefässerkrankungen das Kernteam aus Orthopäden, Infektiologinnen und plastischen Chirurgen ergänzen.

Wann kommt es zu Infektionen an Muskeln und Knochen?
Am häufigsten entstehen sie nach Frakturen, bei denen ein Knochen frei liegt und mit der Umwelt in Berührung kommt. Auch während Operationen kann es aufgrund von Verunreinigungen zu Infektionen kommen. Besonders aufwendig wird die Behandlung, wenn Implantate wie künstliche Gelenke von Bakterien befallen sind. Da die Immunabwehr durch den Fremdkörper lokal geschwächt ist, können sie vom Immunsystem und durch Antibiotika kaum beseitigt werden.

Martin Clauss ist Leiter des Zentrums für muskuloskelettale Infektionen des Universitätsspitals Basel.

Wie werden Infektionen behandelt, die die Muskulatur und das Skelett betreffen?
Wir haben bei uns im Zentrum drei Schwerpunkte: die Behandlung von Infektionen durch implantierte Kunstgelenke, die Behandlung von Infektionen nach Knochenbrüchen sowie die Behandlung des diabetischen Fusssyndroms. Für jedes Krankheitsbild gibt es unterschiedliche Behandlungsstrategien.

Zum Beispiel?
Kunstgelenke müssen wir häufig austauschen. Bei den Infektionen durch Knochenbrüche stellt sich die Frage, ob der Bruch bereits ausreichend verheilt ist, um das Implantat zu entfernen. Im Anschluss an die Operationen erhalten die Patientinnen und Patienten eine Antibiotika-Therapie. Beim diabetischen Fuss ist das Behandlungsziel, eine Amputation oder Teil-Amputation zu verhindern.

Wie hoch sind die Heilungschancen?
Studien gehen bei muskuloskelettalen Infektionen von einer Heilungschance von 80 bis 90 Prozent aus. Unsere Quote beträgt momentan 90 bis 95 Prozent, worauf wir sehr stolz sind.

Wann gelten Betroffene als geheilt?
Ein Rückfall erfolgt meist im ersten Jahr nach der Behandlung. Im Grunde ist man also nach dieser Frist auf der sicheren Seite. Von einer definitiven Heilung spricht man, wenn der Infekt innert zwei Jahren nicht zurückkommt.

 

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