«Medikamente senken das Risiko eines Bruchs»

Interview Jeanne Fürst und Fabienne Eichelberger, 8. Dezember 2022

(Symbolbild: iStock)

Pro Tag kommt es in der Schweiz zu 225 Knochenbrüchen aufgrund von Osteoporose. Wie Folgebrüche vermieden werden können, sagt der Endokrinologe Christian Meier.

Christian Meier, Osteoporose gilt weitherum als Frauenkrankheit. Ein Trugschluss?
Ja, denn auch Männer können daran erkranken, allerdings geschieht dies seltener: Bei normaler Lebenserwartung erleidet jede zweite Frau und jeder fünfte Mann über 50 Jahren einen Knochenbruch infolge von Osteoporose. Im Jahr 2019 wurde  in der Schweiz 82 000 neue osteoporosebedingte Frakturen gezählt.

Warum sind Männer weniger gefährdet?
Unter anderem ist bei ihnen der Aufbau des Mineralgehalts in der Jugend ausgedehnter, was zu einer höheren maximalen Knochenmasse führt. Zudem kommt es bei Frauen nach der Menopause zu einem Östrogenabfall, durch den sie beschleunigt Knochenmasse verlieren.

Christian Meier ist Leitender Arzt für Endokrinologie am Universitätsspital Basel und leitet die Praxis Endonet.

Welche Folgen hat Osteoporose?
Der Mineralgehalt der Knochen nimmt ab, wodurch sie porös werden. Bei fortgeschrittener Osteoporose können die Knochen bei minimaler äusserer Einwirkung oder spontan brechen. In der Wirbelsäule können die Wirbel zusammenfallen.

Worin unterscheiden sich die Osteoporose bei der Frau und beim Mann?
Bei Frauen handelt es sich in rund 80 Prozent der Fälle um eine primäre Osteoporose. Das heisst, sie ist alters- oder postmenopausal bedingt. Bei Männern liegt bei jedem zweiten Betroffenen eine krankhafte Ursache wie eine Überfunktion der Nebenschilddrüse, Diabetes oder Testosteronmangel vor.

Leidet jemand an Osteoporose, bleibt es oft nicht bei einem Bruch.
Genau, besonders in den ersten zwei Jahren nach einem Bruch kommt es häufig zu Folgebrüchen. Es ist deshalb besonders wichtig, die erste Fraktur abzuklären und die Osteoporose zu behandeln. Leider liegt europaweit eine Unterversorgung vor.

Was heisst das?
Zwei Drittel der Patientinnen und Patienten mit hohem Bruchrisiko werden nicht ausreichend behandelt. Das muss sich ändern. Doch vielen Menschen fehlt das Bewusstsein für die Krankheit. Sie verbinden Osteoporose mit Gebrechlichkeit und sehr hohem Alter und gehen nicht davon aus, dass sie selbst betroffen sein könnten.

Welche Therapiemöglichkeiten gibt es?
Unabhängig vom Schweregrad der Osteoporose sollte auf eine ausreichende Kalzium- und Vitamin-D-Zufuhr geachtet werden. Hinzu kommen Medikamente, die entweder den Knochenabbau hemmen oder den Knochenaufbau fördern. Sie senken das Risiko von Wirbelkörperbrüchen und von peripheren Frakturen wie Schenkelhalsbrüchen erheblich.

 

Empfehlen Sie diesen Beitrag weiter: