«Bei einer intensiven Therapie stehen die Chancen gut»

Interview Jeanne Fürst und Fabienne Eichelberger, 17. November 2022

Eine akute Leukämie wird häufig mittels einer intravenös verabreichten Chemotherapie behandelt. (Credits: iStock)

Eine akute Leukämie muss sofort behandelt werden. Je jünger und fitter die Betroffenen sind, desto höher sind die Heilungschancen, sagt der Hämatologe Jakob Passweg.

Jakob Passweg, worin unterscheiden sich die akute und die chronische Leukämie?
Im Knochenmark werden drei Arten von Blutzellen gebildet: rote und weisse Blutkörperchen sowie Blutplättchen. Bei beiden Leukämien vermehren sich Zellen einer Art übermässig und blockieren die anderen. Bei einer chronischen Leukämie können die Zellen manchmal über Jahre hinweg ausreifen und bleiben funktionsfähig. Bei der akuten Leukämie reifen sie von einem Moment auf den anderen nicht mehr aus, der Gesundheitszustand der Betroffenen verschlechtert sich oft rapide.

Wer ist für Leukämie besonders anfällig?
Leukämien sind Alterskrankheiten. Sowohl bei der akuten als auch bei der chronischen Leukämie beträgt das Durchschnittsalter der Betroffenen 68 Jahre. Einem erhöhten Risiko sind Menschen ausgesetzt, die eine Chemo- oder Strahlentherapie hinter sich haben.

Jakob Passweg arbeitet als Chefarzt der Abteilung Hämatologie am Universitätsspital Basel.

Ist die Ursache von akuter Leukämie bekannt?
Nein, meistens ist eine Erkrankung schlicht Schicksal. Im Gegensatz zu vielen anderen Krebsarten ist bei Leukämien auch nicht bewiesen, dass sich das Risiko einer Erkrankung durch einen gesunden Lebensstil verringern lässt.

Welche Symptome deuten auf eine akute Leukämie hin?
Ein spezifisches Symptom gibt es nicht. Die Hinweise variieren je nach Produkt, das im Blut fehlt. Wer kaum rote Blutkörperchen hat, der leidet unter Müdigkeit, verminderter Leistungsfähigkeit und Atemnot. Fehlen weisse Blutkörperchen, steigt das Infektionsrisiko, und zu wenige Blutplättchen führen zu Blutungen. Bei jüngeren Menschen sind Knochenschmerzen typisch.

Wie wird eine akute Leukämie behandelt?
Menschen unter 65 und solche, die noch fit genug sind, erhalten eine intensive Chemotherapie, Ältere eine weniger intensive. Bei einer Hochrisiko-Leukämie – wenn die Heilungschancen durch eine Chemotherapie bei maximal 20 Prozent liegen – versucht man zudem, das Knochenmark mittels Stammzelltransplantation zu ersetzen.

Wie hoch sind die Chancen auf einen Erfolg?
Bei einer intensiven Chemotherapie liegt die Chance, die Leukämie wegzubringen, bei 70 bis 80 Prozent. Zu 30 bis 50 Prozent kommen sie auch nicht mehr zurück. Bei älteren Menschen mit leichterer Chemotherapie bringt man die Leukämie in 20 bis 25 Prozent der Fälle weg, geheilt werden nur wenige. Kinder haben eine Heilungschance von 90 Prozent.

 

Empfehlen Sie diesen Beitrag weiter: