Interview Jeanne Fürst und Danica Gröhlich, 7. Juli 2022
Wenn die Knieprothese stört: Nicht alle gehen glücklich mit ihren künstlichen Gelenken. Wo neue Technologien ansetzen, sagt der Kniechirurg Sandro Fucentese.
Herr Fucentese, wie oft kommt es bei künstlichen Kniegelenken zu Problemen?
Etwa 20 Prozent der Patientinnen und Patienten sind nach dem Eingriff nicht zufrieden. Operationstechniken und Implantate werden zwar immer besser, zugleich steigen aber auch die Ansprüche. Viele kommen mit falschen Erwartungen. Denn ein Kunstgelenk bleibt ein Ersatz. Das Original war natürlich besser.
Wer benötigt eine Prothese?
Typischerweise operieren wir ältere Menschen, deren Gelenkknorpelschicht aufgebraucht ist. Dies kann die Folge sein von O- oder X-Beinen sowie eines Unfalls mit Knochenbruch oder Meniskus-, Bänder- und Knorpelverletzungen. Auch entzündliche Erkrankungen wie Rheuma können dazu führen. Inzwischen erhalten Rheuma-Betroffene aber wirksamere Medikamente, um den Verschleiss zu verlangsamen.
Wie können Komplikationen verhindert werden?
Letztlich ist das Wichtigste die Zufriedenheit der Patientinnen und Patienten. Dazu führen die richtige Indikation sowie eine gute Beratung im Vorfeld, um die Erwartungen klar zu definieren. Zudem braucht es Erfahrung in der Chirurgie, eine gutePlanung sowie eine sorgfältige Umsetzung. Für die patientenspezifische Chirurgie setzen wir neueste Technologien ein. Anhand einer Computertomografie wird ein 3-D-Modell erstellt und werden so die Schnittebenen definiert, wo das Implantat eingesetzt werden soll. Als Erweiterung dient uns eine Brille für Augmented Reality. Alternativ gibt es die roboterassistierte Chirurgie, bei der wir beim Eingriff mit einem Roboter alle Punkte abgreifen und die Schnittebenen definieren. Der Einsatz dieser Hilfsmittel basiert jedoch immer auf unserer Planung. Dahinter steht nach wie vor der Mensch mit Kopf und Hand.
Für wen sind diese neuen Methoden geeignet?
Diese Art der Chirurgie kommt für alle Patientinnen und Patienten mit einer Arthrose in Frage. Der Spitalaufenthalt lässt sich damit aber nicht verkürzen.
Was sind die Vorteile von roboterassistierten Operationen?
Mit dieser Technologie lässt sich das Ziel zuverlässiger erreichen. Bei den roboterassistierten Eingriffen haben wir, genauso wie mit erfahrenen Fachpersonen aus der Orthopädie, weniger Ausreisser. Die Nachteile: Wir werden abhängig und müssen dem Roboter vertrauen. Deshalb machen wir am Operationstisch immer eine Doppelkontrolle. Zudem kostet ein solches Gerät sehr viel, und wir benötigen eine längere Vorbereitungszeit. Auch diese Systeme sind nicht fehlerfrei. So braucht es unser menschliches Fingerspitzengefühl doch noch.