Interview Jeanne Fürst und Danica Gröhlich, 28. April 2022
Ein zu hoher Cholesterinwert kann zu einem Herzinfarkt führen. Dem lässt sich oft nur mit kombinierten Massnahmen vorbeugen, sagt der Endokrinologe Philipp Gerber.
Herr Gerber, wie gefährlich ist hohes Cholesterin?
Cholesterin wird vom Körper grösstenteils selbst hergestellt, ist als Bestandteil der Zellwände lebensnotwendig und wichtig für die Hormonbildung. Bestimmte Cholesterinpartikel im Blut erhöhen aber das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, da sich Ablagerungen in den Wänden der Blutgefässe bilden können. Es kommt zur Arteriosklerose, letztlich zum Verschluss der Arterien und zum Herzinfarkt oder Hirnschlag.
Ist zu hohes Cholesterin spürbar?
Nein, es wird oft erst bemerkt, wenn bereits Herz-Kreislauf-Erkrankungen auftreten. Deshalb ist eine regelmässige Messung im Blut so wichtig. Wobei nicht nur der Gesamt-Cholesterinspiegel relevant ist, sondern zwischen «schlechtem» LDL und «gutem» HDL unterschieden werden sollte.
Wie unterscheidet sich gutes vom schlechten Cholesterin?
Cholesterin wird im Blut von verschiedenen Lipoproteinen transportiert, unter anderem vom LDL sowie HDL. Aber davon fördert nur erhöhtes LDLCholesterin eine Arterienverkalkung. Ein hoher HDL-Gehalt bietet dagegen einen Schutz, weil es überschüssiges Cholesterin zurück zur Leber führt.
Kann ich mit der Ernährung meine Cholesterinwerte beeinflussen?
Nur bedingt. Ein Hauptrisikofaktor für Cholesterin ist die Genetik, also die familiäre Veranlagung. Nur um etwa 10 bis 20 Prozent lässt es sich mit einer ausgewogenen Ernährung, etwa mit viel Gemüse und Früchten, beeinflussen. Dennoch hat eine Umstellung des Lebensstils weitere positive Effekte auf die Gesundheit. Generell sollte man bei Wurstwaren zurückhaltend sein. Ein Ei pro Tag ist in Ordnung. Margarine ist im Gegensatz zu Butter stark verarbeitet, ich empfehle Pflanzenöle wie Raps- oder Olivenöl. Bei schlechten Cholesterinwerten profitieren nur wenige signifikant von einer Gewichtsreduktion. Wichtig ist, das gute Cholesterin mit regelmässiger Bewegung zu erhöhen und mehr Nahrungsfasern, etwa mit Hafer, aufzunehmen. Auch das Rauchen sollte man lassen.
Dann sind Medikamente bei Menschen mit zu hohem schlechtem Cholesterin unerlässlich?
Die tägliche Einnahme einer Tablette ist oft angezeigt. Auch eine Spritze alle zwei Wochen ist eine Therapieoption. Betroffene sollten bereit sein, ihr Leben lang Cholesterinsenker einzunehmen, auch wenn sie keine Symptome verspüren. Dazu zeigen wir den Patientinnen und Patienten ihr persönliches Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen auf und berechnen, um wie viel Prozent sie dieses reduzieren könnten.