Was uns sauer macht

Von Danica Gröhlich, 9. März 2022

Wie Sie Ihren Säure-Basen-Haushalt wieder ins Gleichgewicht bringen. (iStock)

Sogenanntes Basenfasten kann uns auf die Sprünge helfen. Denn entgegen der landläufigen Meinung, macht sauer nicht lustig, sondern auf Dauer antriebslos und sogar krank.

«Mit einer basischen Ernährung nimmt man ganz nebenbei bis zu zwei Kilo in der Woche ab», erklärt die ganzheitliche Gesundheits­beraterin Stefanie Reeb. Sie selbst hat es geschafft, seit vielen Jah­ren ihren Säure-­Basen-­Haushalt im Gleichgewicht zu halten. Sie fühle sich weitaus besser und fitter, seit sie bewusst einer Übersäuerung ent­gegenwirke. Deshalb verzichtet sie unter anderem auf weissen Zucker. Doch die Kochbuch-­Autorin ge­steht: «Natürlich habe auch ich hin und wieder Lust auf etwas Süsses.» So entstand ihr neues Rezept-­Buch «Süss & Happy» mit gesunden Versi­onen von Mousse au Chocolat über Zitroneneis bis hin zu Tiramisu.

Frau Reeb, wann sind wir sauer?
Die «wässrigen Lösungen» unseres Körpers haben alle einen bestimm­ten pH-­Wert. Der pH­-Wert gibt Aus­kunft darüber, wie sauer oder basisch diese sind. Die pH­-Skala beginnt mit der Zahl 1, also sehr sauer, und en­det mit der Zahl 14, was sehr basisch bedeutet. Der neutrale Wert liegt bei 7. Der pH-­Wert des Blutes liegt zwi­schen 7,35 und 7,4 und muss unter allen Umständen konstant gehalten werden. Jede minimale Abweichung davon sorgt für eine schwere Stö­rung aller körperlichen Prozesse und ist lebensbedrohlich. Wenn wir nun von einer Übersäuerung sprechen, reden wir aber nicht von der lebens­bedrohlichen Veränderung des Blut-­pHs sondern von einem Säure­-Über­schuss durch die Nahrung, der zu al­lerlei Problemen führt.

Was passiert dann im Körper?
Während unserer normalen Stoff­wechselprozesse entstehen ständig Säuren im Körper. Da Säuren eine ätzende Wirkung haben und den leicht basischen pH-Wert des Blu­tes nicht verändern dürfen, sorgt der Körper über verschiedene Regel­mechanismen dafür, dass über­schüssige Säure sofort ausgeschie­den wird. Wenn unsere Ernährung zusätzlich viele Säure­bildende Lebensmittel und Getränke enthält, dann kann es aber zu einer Übersäuerung kommen, die sich anfangs in kleineren und später in grösseren ge­sundheitlichen Problemen bemerk­bar macht.­

Wie spüre ich eine Übersäuerung?
Viele Menschen kämpfen heutzu­tage mit einem unausgeglichenen Säure-­Basen-­Haushalt. Dabei wis­sen die meisten von ihnen gar nicht, dass eine Übersäuerung für ihre Be­schwerden verantwortlich ist. Sie fühlen sich einfach schlapp, ener­gielos, haben ein schlechtes Immun­system oder bereits ernsthaftere ge­sundheitliche Probleme, die in der Folge einer chronischen Übersäue­rung entstanden sind.

Stefanie Reeb, ganzheitliche Gesundheitsberaterin, Kochbuch-Autorin und Foodbloggerin. (zVg.)

Was wären denn weitere gesundheitliche Probleme?
Erzeugt die Nahrung viel Säure, kommt der Körper mit seiner natür­lichen Ausleitung nicht mehr hinter­her. Er greift zu einem Notfallplan: Er neutralisiert die Säure mithilfe von Mineralstoffen zu Salzen, die er bis auf Weiteres im Bindegewebe zwischenlagert. Reichen die Mineral­stoffe der Nahrung dafür nicht aus, holt sich der Körper die benötig­ten Stoffe aus seinen eigenen Reser­ven, zum Beispiel aus den Knochen, den Zähnen, den Blutgefässwänden oder dem Haarboden. Kommen über die Ernährung weiterhin viel Säuren und wenig Mineralstoffe, kann der Körper die eingelagerten Salze nicht mehr abbauen und lässt sie langfristig als Schlacken im Bin­degewebe oder in den Gelenken, wo sie zu rheumatischen Beschwer­den führen können. In Nieren, Galle oder Blase verursachen die Ablage­rungen Nieren­-, Gallen-­ oder Bla­sensteine. In den Blutgefässen füh­ren neutralisierte Säuren zur Veren­gung und können einen Herzinfarkt oder Schlaganfall erzeugen.

Welche Vorteile hat eine basische Ernährung für die Gesundheit?
Eine Basenüberschüssige Ernährung entlastet den ganzen Körper. Er hat wieder mehr Energie übrig für sei­nen Stoffwechsel, die Reinigung und Zellerneuerung. Man kann sich aus­rechnen, welche Vorteile das mit sich bringt. Wir fühlen uns fitter, un­ser Immunsystem verbessert sich, unser Schlaf wird tiefer und unsere Haut wirkt strahlender.

Fälschlicherweise denken viele bei «Säure-bildend» an eine Zitrone, die aber nicht sauer macht.
Genau. Denn der Geschmack ei­nes Lebensmittels gibt keine Aus­kunft darüber, ob es Säure­bildend oder basisch ist. So werden Zitronen zum Beispiel basisch verstoffwech­selt, während süsslich schmeckende Milchprodukte im Organismus sauer wirken.

Ebenso versüssen uns Kaffee und Zucker den Tag leider gar nicht.
Das ist in der Tat so. Auch wenn sie gut schmecken, gehören beide lei­der zu den sauersten Nahrungsmit­teln überhaupt.

Wie könnte denn ein Basen- bildendes Menü für den Tag aussehen?
Am Morgen wirkt beispielsweise ein grüner Smoothie, mit möglichst viel Gemüse und wenig Obst, ba­sisch. Auch ein ungesüsstes Porridge mit geschmorten Äpfeln oder Ba­nane ist eine Basen­bildende Wahl fürs Zmorge. Oder Rösti wäre eine gute Alternative für herzhafte Früh­stücker. Mittags kann es ein Salat, ein Gemüse-­Curry oder ein warmes Quinoa­-Gemüse-­Gericht sein. Am Abend ist eine Gemüse-Suppe emp­fehlenswert.

Was halten Sie vom sogenannten Basenfasten? Bringt man damit sogar Speckröllchen zum Schmelzen?
Ich bin ein grosser Fan vom Basen­fasten! Deshalb habe ich auch ein ei­genes digitales Wochenprogramm entwickelt, mit dem jeder eine ba­sische Woche bei sich zu Hause ma­chen kann. Die Vorteile: Dem Körper tut es gut, wenn er ordentlich ent­säuert wird, da er dabei alte Schla­cken und Giftstoffe loswerden kann. Bei mir heisst Basenfasten nicht, dass man nichts isst, sondern, dass man normale Portionen zu sich nimmt, nur eben basisch. Die meis­ten Leute nehmen trotzdem in einer Woche bis zu zwei Kilo ab, ganz alleine durch die Entlastung des Kör­pers. Das ist schon phänomenal und bedeutet für mich, dass sich der Kör­per richtig freut über eine Säure­-freie Auszeit.


Tabelle: Sauer oder basisch?

Lebensmittel und Getränke, die sauer verstoffwechselt werden, sind:

  • Zucker,
  • Fleisch und Wurst,
  • Eier,
  • Fisch und Meeresfrüchte,
  • Milchprodukte,
  • Weissmehlprodukte,
  • Kaffee, Früchtetee und Schwarztee,
  • Softdrinks und kohlensäurehaltiges Mineralwasser sowie
  • Alkohol

Zu den basischen Nahrungsmitteln gehören:

  • Gemüse,
  • Salate,
  • Sprossen,
  • Kräuter und Gewürze,
  • reifes Obst,
  • Trockenfrüchte,
  • Mandeln,
  • Algen,
  • stilles Wasser und Kräutertee sowie
  • Apfelessig.

Über Stefanie Reeb

Stefanie Reeb ist ganzheitliche Gesund­heitsberaterin, Autorin von acht erfolg­reichen Kochbüchern und Gründerin des Foodblogs www.wellcuisine.net, auf dem sie wöchentlich gesunde Rezepte veröf­fentlicht. Über ihren Blog kann auch ihr digitales Säure-­Basen-­Detox erworben werden.


Danica Gröhlich ist Redaktorin bei «GESUNDHEITHEUTE», der Gesundheitssendung am Samstagabend auf SRF 1.
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