«Das Abenteuer Geburt verlangt vollen Einsatz»

Interview Jeanne Fürst und Danica Gröhlich, 17. Februar 2022

(Symbolbild: Pixabay)

Im Gebärsaal geht es manchmal hoch her: Was sie bei rund 1500 Entbindungen erlebt hat und welche Gedanken werdende Mütter beschäftigen, sagt die Hebamme Regula Rutz.

Frau Rutz, wie bereitet sich eine Frau auf die Geburt vor?
Einige Frauen lassen alles auf sich zukommen, andere setzen sich früh mit der Geburt auseinander. Empfehlenswert ist, zusammen mit dem Partner einen Geburtsvorbereitungskurs zu besuchen. Das stärkt das Gefühl von «Wir sind schwanger». Dazu Bewegung und sich Gutes tun. Auch der Austausch mit anderen Müttern hilft. Ebenso die mentale Vorbereitung, indem sich eine Schwangere sagt: «Ich lasse mich auf dieses Abenteuer ein, und ich (!) werde mein Kind gebären.» Als Vorbereitung können Schwangere unter Anleitung ihrer Hebamme den Damm mit Öl massieren und so vielleicht eine Verletzung oder einen Dammschnitt vermeiden. Die Tasche sollte ein paar Wochen vor der Geburt gepackt sein mit Kleidern und Kosmetik für die Mutter, den Anmeldeunterlagen für das Kind sowie einer Garnitur Kleidchen für die feierliche Heimkehr mit dem Baby.

Wovor ängstigen sich werdende Mütter?
Manche fürchten Komplikationen für das Kind oder sich. Und sie fragen sich: Halte ich den Geburtsschmerz aus? Hebammen kennen viele Möglichkeiten, den Geburtsschmerz zu lindern. Manchmal ist eine PDA Gold wert. Diese Anästhesie lindert die Schmerzen.

Regula Rutz ist Stationsleiterin Hebammen auf der Geburtsstation in Herisau beim Spitalverbund Appenzell Ausserrhoden.

Wie belastend ist ein Kaiserschnitt?
Wenn nichts dagegenspricht, streben wir eine spontane Geburt an. Die Mütter sind danach meist schneller wieder auf den Beinen. In der Regel bleiben die Frauen zwei bis drei Nächte im Spital, nach einem Kaiserschnitt sicher eine Nacht länger. Daheim im Wochenbett ist eine Hebamme hilfreich, die beim Stillen unterstützt, die Narbe kontrolliert und beratend zu Seite steht. Manche Frauen hadern damit, dass sie einen Kaiserschnitt hatten: «Das Natürlichste der Welt habe ich nicht geschafft.» Ein Gespräch mit ihrer Hebamme hilft oft, das Geschehene zu verarbeiten.

Wird die Hebamme zur engsten Vertrauensperson?
Ja, denn bei einer Geburt geht es manchmal hoch her. Sie ist ein Abenteuer und verlangt von der Gebärenden und der Hebamme vollen Einsatz. Nach rund 1500 unterstützten Geburten weiss ich, warum einst im Anforderungsprofil für die Hebammenausbildung stand: «robuste Persönlichkeit».

Worauf sollte die frischgebackene Mutter achten?
Es ist ratsam, zu Hause nicht zu viele Gäste zu empfangen. Am Anfang sind Stillen, mit dem Kindlein kuscheln, Essen, Duschen, Schlafen und die Gemeinsamkeit als Familie wichtig. Und: sich genug Ruhe gönnen und Hilfe annehmen. Der Besuch darf also gerne den Kuchen selbst mitbringen.

 

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