Interview Jeanne Fürst und Danica Gröhlich, 20. Januar 2022
Ein Sturz im Alter kann schwerwiegende Folgen haben. Welche einfachen Übungen helfen, sicher zu gehen, sagt Vincent Brügger, Bewegungsexperte bei Pro Senectute.
Herr Brügger, warum ist Sturzprävention wichtig?
Jährlich stürzen in der Schweiz 285 000 Personen, meist im Haushalt, Garten oder bei Freizeitaktivitäten. Stürzen ältere Menschen, führt das oft zu einer dramatischen Einbusse an Lebensqualität. Nach Knochenbrüchen verlieren viele ihre Selbständigkeit, besonders nach einer Fraktur des Oberschenkelhalses, der die gesamte Beinkraft unterstützt. Hinzu kommt die Angst vor weiteren Stürzen. An den Folgen eines Sturzes sterben jährlich 1680 Menschen, von denen 95 Prozent über 64 Jahre alt sind.
Wie kann regelmässiges Training die Gefahr mindern?
Unser Ziel ist, dass ältere Menschen ihre Muskelmasse und ihre Gleichgewichtskompetenz erhalten, damit sie möglichst lange selbständig zu Hause leben können. Ist der Körper fit, führt dies zudem zu mehr Selbstvertrauen. Studien zeigen, dass diese Übungen auch das Risiko einer Depression und von Demenz senken.
Dann ist es nie zu spät, um mit dem Training anzufangen?
Absolut. Interessierte Seniorinnen und Senioren können zur Einschätzung ihrer Fitness auf sichergehen.ch einen Test machen und Fragen beantworten wie: Schaffen Sie drei Stockwerkeo hne Pause? Oder: Können Sie eine Socke auf einem Bein anziehen? Nachher erhalten sie eine Einschätzung. Bei einemTraining zu Hause sollten zuerst Stolperfallen wie Kabel entfernt werden. Für Balanceübungen hat die Küchenarbeitsfläche die perfekte Höhe und Stabilität, um sich darauf abzustützen.
Was sind zwei einfache Übungen aus dem Programm?
Für die Beinkraft und zur Stärkung der Rumpfmuskulatur hilft der sogenannte Zehenstand. Dazu stellen Sie sich hüftbreit hin, gehen leicht in die Knie und halten den Oberkörper aufrecht. Heben Sie dann die Fersen ab, sodass Sie auf den Zehen stehen. Gleichzeitig führen Sie die Arme nach oben, als wollten Sie die Decke berühren. Senken Sie Fersen und Arme langsam. Wiederholen Sie das acht- bis zwölfmal. Machen Sie bis zu drei Serien mit einer Pause von 30 Sekunden. Für die sogenannte Dual- Tasking- bung gehen Sie auf einer Linie, etwa auf einem Parkplatz. Zählen Sie dabei laut rückwärts von 100 bis 0. Ist das zu einfach, ziehen Sie jeweils 3 ab.
Sind auch kognitive Übungen sinnvoll?
Ja, genau darum geht es beim Dual-Tasking. Kopf und Körper dürfen wir nicht trennen. Nach der Pensionierung sollten wir auch den Kopf weiterhin aktivieren. So stimuliert etwa der Besuch einer unserer Sprachkurse das Gehirn. Es macht ja auch Spass, stets etwas Neues zu lernen. Zudem fördern Gruppenkurse die Motivation und ermöglichen neue Kontakte.