Interview Jeanne Fürst und Danica Gröhlich, 7. Oktober 2021
Die Stimme verrät viel über einen Menschen. Was man bei Heiserkeit tun kann, sagt Claudio Storck, Leiter Phoniatrie am Universitätsspital Basel.
Herr Storck, wie können wir Töne erzeugen?
Um einen Ton zu erzeugen, müssen wir die Luft aus den Lungen in Richtung Hals transportieren. Im Kehlkopf befinden sich zwei Stimmlippen, auch Stimmbänder genannt. Strömt die Luft durch den Spalt dazwischen, werden die Stimmlippen in Schwingung versetzt und erzeugen einen Ton. Je schneller die Stimmlippen schwingen, desto höher ist der hervorgebrachte Laut.
Verändert sich die Stimme im Laufe des Lebens?
Ja. Neugeborene schreien bei etwa 440 Hertz. Später sinkt die Frequenz. In der Pubertät lässt das Hormon Testosteron die Stimmlippen wachsen, der Kehlkopf wird grösser und sinkt weiter ab, es kommt zum Stimmbruch. Auch Mädchen machen einen Stimmbruch durch, allerdings nicht um eine ganze Oktave. Im Alter nimmt die Muskelmasse der Stimmbänder ab, was oft zu einer Heiserkeit führt. Kompensatorisch wird mit Spannung versucht, die Stimme zu verbessern, wodurch Männer oft eine höhere Stimme bekommen. Bei Frauen wird die Stimme nach der Menopause eher tiefer.
Wie hängt die Stimme mit der Identität eines Menschen zusammen?
Die Stimme ist ein klares Identifikationsmerkmal jeder Person. Männerstimmen liegen zwischen 100 und 140 Hertz, sind weniger melodisch, klingen härter. Frauenstimmen liegen bei 180 bis 300 Hertz, sind melodischer und weicher klingend. Der Bereich dazwischen wird als genderneutral bezeichnet. Stimmen von Transmenschen liegen oft in diesem Bereich. Bei Transmännern wird mittels Testosteron eine Vermännlichung, ein Stimmbruch, erzielt. Bei Transfrauen wird mit logopädischer Stimmtherapie und allenfalls mit einem chirurgischen Eingriff die Melodik und die Stimmlage feminisiert, um die Stimme der Identität anzupassen.
Warum werden wir heiser, und was hilft dagegen?
Virale Infekte und übermässiger Stimmgebrauch wie lautes Sprechen oder Schreien führen zu Heiserkeit. Bei Infekten helfen Salbeibonbons, Inhalieren und ausreichendes Trinken. Neue Studien zeigen, dass Summen hilft, um langfristige Stimmschäden zu vermeiden. Sich räuspern sollte man nicht, stimmvolles Husten wäre besser. Hält die Heiserkeit länger als drei Wochen an, sollte unbedingt eine Kehlkopfspiegelung erfolgen, um mögliche Polypen, Zysten oder auch um einen Tumor zu entdecken.
Wieso können wir die Stimme ganz verlieren?
Meist ist die Ursache eine akute Kehlkopfentzündung, wodurch die Stimmbänder nicht mehr schwingen können. Auch psychische Faktoren wie emotionaler Stress können zu einem Stimmverlust führen. Dann ist es ratsam, sich bei einer Fachperson Hilfe zu holen.