«Eine Nierenschwäche ist erst spät spürbar»

Interview Jeanne Fürst und Danica Gröhlich, 22. April 2021

(Symbolbild: iStock)

Funktionieren die Nieren nicht mehr richtig, wird der Körper vergiftet. Der Nephrologe Jürg Steiger sagt, wie man eine Schwäche der wichtigen Filterorgane früh feststellen kann.

Herr Steiger, weshalb haben wir zwei Nieren?
Die Nieren sind paarig angelegte Organe. Durch die grosse Reserve, die uns die Natur mitgibt, benötigen wir nur etwa 10 Prozent der Nierenfunktion, um zu überleben. Die Nieren sind die Kläranlage unseres Körpers, reinigen das Blut und scheiden Giftstoffe über den Urin aus. Sie regulieren den Blutdruck, den Salz- und Wasserhaushalt sowie die Säuren und Basen. Darüber hinaus werden lebenswichtige Hormone zur Bildung roter Blutkörperchen hergestellt. Nach einer Nierenentfernung wegen eines Unfalls, wegen Krebs oder einer Lebendspende können wir problemlos mit einer Niere weiterleben. Damit es zu einer Nierenschwäche kommt, müssen immer beide Nieren betroffen sein.

Wie macht sich eine chronische Niereninsuffizienz bemerkbar?

Bis wir etwas spüren, müssen etwa 90 Prozent der Nieren zugrunde gehen. Mögliche Symptome sind Müdigkeit, Übelkeit, Erbrechen, Kurzatmigkeit oder Juckreiz. Im Labor ist eine Nierenschwäche deutlich früher erkennbar: Bei einer Funktion unter 30 Prozent können Blutarmut oder Störungen des Salz und Säurehaushalts auftreten.

Jürg Steiger arbeitet als Chefarzt Nephrologie am Universitätsspital Basel.

Wer ist besonders betroffen?
Junge und alte Menschen. Bei älteren Personen sind Diabetes oder Bluthochdruck die häufigsten Ursachen. Da mehr Menschen älter werden, nimmt dies zu. Bei den Jungen stehen Autoimmunkrankheiten oder genetische Nierenerkrankungen im Vordergrund.

Muss die Ernährung umgestellt werden?
Bei einer Insuffizienz sollte die Phosphatzufuhr vermindert und ein hoher Salzkonsum vermieden werden. Ein solcher führt zu Wassereinlagerungen und hohem Blutdruck. Eine gute Ernährung ist bei Niereninsuffizienz sehr wichtig, damit Betroffene bei Kräften bleiben.

Ist eine Nierenschwäche heilbar? Hat eine Nierenerkrankung einen gewissen Schaden gesetzt, führt dies zu einer Vernarbung und zu einer Nierenschwäche. Die Funktion verschlechtert sich. Dagegen gibt es keine spezifische Therapie, aber durch gute Einstellung von Blutdruck, Blutzucker, Körpergewicht und einen guten Lebensstil kann das Fortschreiten der Nierenschwäche verlangsamt werden.

Was passiert bei fortgeschrittener Schwäche?
Die Nieren können ihre Aufgaben nicht mehr erfüllen, es kommt zu einer inneren Vergiftung und Wasseransammlung. Es muss eine Nierenersatztherapie wie Dialyse oder Transplantation eingeleitet werden, sonst stirbt der Patient. Zur Früherkennung sollten Menschen mit Diabetes oder Bluthochdruck ihre Nierenwerte regelmässig überprüfen lassen.

 

Empfehlen Sie diesen Beitrag weiter: