«Legen Sie sich beim Schlafen nicht auf die Hand»

 Interview Jeanne Fürst und Danica Gröhlich, 25. Februar 2021

(Symbolbild: iStock)

Schmerzen im Handgelenk und kribbelnde Finger: Das Karpaltunnelsyndrom schränkt Betroffene stark ein. Der Handchirurg Andreas Schweizer sagt, was Linderung bringt.

Herr Schweizer, wie kommt es zum Karpaltunnelsyndrom?
Der Karpaltunnel ist ein Nerven- und Sehnendurchgang auf der Innenseite des Handgelenks. Beim Karpaltunnelsyndrom kommt es dort zu einer Einengung, welche auf den Nerv drückt. Bei der Mehrheit der Fälle kennen wir die Ursache nicht. Es trifft eher kräftige Menschen und solche, die viel mit den Händen arbeiten. Seltener kommt es bei Diabetes oder einer Schilddrüsenunterfunktion vor. Auslöser können auch Unfälle, Quetschverletzungen oder ein Bruch mit Einblutung sein.

Löst die Arbeit am Computer das Syndrom auch aus?
Das Tippen führt meist nicht zu einer solch starken Belastung für das Auslösen der Krankheit, kann dann aber Symptome hervorrufen.

Andreas Schweizer ist Professor und arbeitet als Chefarzt Handchirurgie an der Universitätsklinik Balgrist.

Wie äussert sich das Karpaltunnelsyndrom?
Patienten beschreiben die Symptome als Ameisenlaufen, Kribbeln oder Einschlafen der Hand. Betroffen sind nur der Daumen, Zeigefinger, Mittelfinger und die Seite vom Ringfinger, die an den Mittelfinger angrenzt. Die Symptome treten üblicherweise nachts auf, wenn die Hand im Schlaf länger abgeknickt wird. Oder tagsüber beim Autofahren oder Schneeschaufeln. Jüngere können zusätzlich in den Ellbogen ausstrahlende Schmerzen haben.

Wie stellen Sie die Diagnose?
Wir knicken in einem Test das Handgelenk ab und warten eine Minute. Mit etwas Druck auf das Handgelenk können wir das Kribbeln ebenfalls auslösen. Klopfen wir auf den Nerv, spüren Betroffene einen Blitz im Finger. Um den Schweregrad zu bestimmen, misst die Neurologie die Leitgeschwindigkeit des Nervs über den Karpaltunnel.

Ist eine Operation immer nötig?
Das Karpaltunnelsyndrom kann sich zurückbilden. Wenn der Nerv noch funktioniert, kann nachts eine Handgelenkschiene das Abknicken verhindern. Für akute Fälle – etwa bei Schwangeren – spritzen wir zur Abschwellung des Gewebes Kortison in den Kanal. Bei stark Geplagten, für die selbst das Halten einer Flasche nicht mehr möglich ist oder bei denen die Nervenfasern beeinträchtigt sind, hilft nur eine Operation. In einer solchen durchtrennen wir das etwa 15 Millimeter breite Karpalband und schaffen so wieder Platz. In wenigen Wochen bildet es sich neu. Bis zur vollen Kraft dauert es etwa drei bis vier Monate. Die Erfolgschancen liegen bei 98 Prozent.

Haben Sie Tipps zur Vorbeugung?
Für die Computerarbeit empfehle ich, den Stuhl nicht zu hoch einzustellen. Das ermöglicht, die Handgelenke gerade zu halten. Und beim Schlafen empfehle ich, sich nicht auf die Hand zu legen.

 

 

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