«Umgeknickte Füsse heilen gut»

 Interview Jeanne Fürst und Danica Gröhlich, 29. Oktober 2020

(pixabay)

Jeden Tag verstauchen sich in der Schweiz rund 300 Menschen den Fuss. Wie man Verletzungen des Sprunggelenks möglichst vermeiden kann, sagt der Fusschirurg Stephan Wirth.

Herr Wirth, wofür brauchen wir das Sprunggelenk?
Das Sprunggelenk verbindet den Unterschenkel mit dem Fuss. Es lenkt beim Gehen die Kraft um, indem es das Gewicht nach vorne verlagert. Der Fuss ist wie ein Orchester. Jedes der 31 Gelenke trägt ein Stück zur Abrollbewegung bei. Das Sprunggelenk hat mit dem grössten Bewegungsumfang einen wichtigen Anteil.

Wie verletzbar ist es?
Es reagiert empfindlich aufs Umknicken, was sicher jeder schon einmal erlebt hat. In der Schweiz kommt es pro Tag zu 300 solcher Verstauchungen mit Schwellungen. Wir sehen natürlich auch Brüche sowie viele gerissene Aussenbänder. Bei einer Überbeanspruchung kann das Sprunggelenk zudem degenerieren, also eine Arthrose entwickeln. Schmerzen sind dann die ersten Anzeichen. Ein Instabilitätsgefühl haben Patienten, wenn die Bänder betroffen sind. Sie berichten, dass sie etwa auf Waldboden mit Wurzeln sehr bewusst gehen müssen – aus Angst, dass sie umknicken.

Verletzen vor allem Junge beim Sport das Fussgelenk?
Sportverletzungen sind tatsächlich häufig und nehmen zu, ziehen sich aber durch alle Altersgruppen. Wir sehen vermehrt Freizeitsportler, sogenannte Weekend-Warriors, die untrainiert Hochleistungen vollbringen wollen. Bei älteren Menschen kommt es im Laufe des Lebens zur Abnützung. Nach einem Bruch kann aber Arthrose entstehen. Auch Fehlstellungen wie Plattfüsse schädigen die Sprunggelenke.

Stephan Wirth, Leiter Fuss- und Sprunggelenkschirurgie, Universitätsklinik Balgrist

Wie behandeln Sie diese Verletzungen?
Erstmaliges Umknicken wird immer konservativ behandelt. Dazu stellen wir den Fuss mit einer Schiene für zwei Wochen ruhig. Anschliessend ist zur Stabilität eine Physiotherapie wichtig. Brüche operieren wir nur, wenn die Knochen stark verschoben sind. Bei Degenerationen setzen wir Spezialschuhe oder Einlagen ein.

Und wenn man erneut umknickt?
Ein Umknicken heilt in der Regel gut aus, weil sich die Bänder sehr gut von alleine auskurieren. Das Risiko einer erneuten Verstauchung ist deshalb nach einer Heilung gleich hoch wie bei Gesunden. Wenn aber jemand viermal pro Jahr umknickt, sollte eine Operation der Bänder in Betracht gezogen werden.

Können Sportler ein Verstauchen verhindern?
Gutes Dehnen beispielsweise der Wadenmuskeln vor dem Sport und Joggen hilft. Denn ungedehnt kommt es zur Spitzfussstellung: Man läuft dann sehr instabil – wie auf Stöckelschuhen. Als Aufwärmübung stellen Sie den Vorfuss auf eine Treppenkante und drücken die Ferse nach unten, bis Sie den Zug in der Wade spüren.

 

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