«Im Blut stecken viele Informationen»

Interview Jeanne Fürst und Danica Gröhlich, 8. Oktober 2020

(pixabay)

Das Blut verrät viel über den Gesundheitszustand eines Menschen. Welche Werte wichtig sind und wer häufiger sein Blut testen lassen sollte, sagt der Hämatologe Maurice Redondo.

Herr Redondo, was können Sie aus unserem Blut alles ablesen?
Da wir in unserem Labor 2500 verschiedene Analysen durchführen, können wir auch sehr viel im Blut messen. Wir sehen zum Beispiel eine Blutarmut, einen Vitaminmangel, Erkrankungen von Organen, Störungen des Hormonhaushalts, Hinweise auf eine Krebserkrankung und auch, ob ein Medikament richtig dosiert ist.

Welchen Wert bestimmen Sie am häufigsten?
Die häufigste Analyse in der Schweiz ist die Bestimmung von Ferritin, dem Leitmarker für das Speichereisen. Ein Eisenmangel tritt unter anderem im Wachstum und bei Frauen aufgrund des vermehrten Eisenverlustes durch die Menstruationsblutung auf.

Ist dieser Mangel spürbar?
Ja, die Zeichen sind Müdigkeit und verminderte Leistungsfähigkeit. Vegetarier und Veganer haben neben dem Risiko eines Eisenmangels auch ein erhöhtes Risiko für einen Mangel an Vitamin B12, das hauptsächlich in tierischer Nahrung vorliegt. Ein B12-Mangel führt zu Blutarmut und Störungen des Nervensystems. Besteht der Mangel über eine längere Zeit, kommt es zu irreparablen Schäden im Nervensystem.

Dr. med. Maurice Redondo, Spezialist für Labormedizin und Geschäftsleiter, Viollier

Welche Blutwerte sollte ich noch kennen?
Das ist abhängig vom aktuellen Gesundheitszustand, von gehäuftem Auftreten familiärer Leiden wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Übergewicht. Sicher sollten Männer ihren Cholesterinspiegel ab 35 Jahren alle fünf Jahre prüfen lassen, Frauen ab 45. Zudem ist es ab dem 45. Altersjahr sinnvoll, alle drei Jahre den Blutzucker zu bestimmen. Personen mit wechselnden Geschlechtspartnern sollten zudem ihren HIV-Status kennen.

Wie können Patienten ihre Blutwerte verstehen?
Mein Rat: Besprechen Sie die Laborwerte mit Ihrem Hausarzt. Denn eine Interpretation ist immer abhängig vom Leiden, von den körperlichen Untersuchungen und der Krankengeschichte. Liegt etwa eine Infektion vor, kann der Ferritinwert hoch sein, obwohl ein Eisenmangel vorliegt.

Welche Corona-Tests machen Sie aktuell?
Zum Nachweis einer akuten, ansteckenden Covid-19-Infektion führen wir sogenannte PCR-Tests durch, welche genetisches Virusmaterial nachweisen. Die Kapazität in unserem Labor liegt bei 9000 Tests pro Tag. Zudem führen wir auch Antikörpertests durch. Diese zeigen, ob jemand in der Vergangenheit in Kontakt mit dem Virus kam. Hatten Betroffene allerdings kaum Symptome, musste sich ihr Immunsystem auch nicht gross anstrengen: Es werden oft weniger Antikörper gebildet, die schneller verschwinden. Bei Patienten mit starken Symptomen sind Antikörper oft noch über mehrere Monate messbar. Unklar ist, wie lange die Immunität anhält.

 

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