«Wir halten den Motor des Lebens am Laufen»

Interview Jeanne Fürst und Danica Gröhlich, 10. September 2020

(iStock)

Bei einer Herzschwäche erhält der Körper zu wenig Sauerstoff. Der Kardiologe Andreas Flammer setzt dann auf Medikamente, Schrittmacher und winzige Pumpen.

Herr Flammer, was bedeutet die Diagnose Herzinsuffizienz?
Bei einer Herzinsuffizienz, also einer Herzschwäche, ist meist die Pumpleistung vermindert. Das Herz ist nicht mehr in der Lage, den Körper genügend mit sauerstoffreichem Blut zu versorgen.

Was sind die Ursachen?
Jede Herzerkrankung kann letztlich zu einer Herzinsuffizienz führen. In den meisten Fällen bleibt nach einem Infarkt eine Schwäche zurück. Auch eine erblich bedingte Vergrösserung des Herzmuskels kann zu einer Schwäche führen. Oder eine Herzmuskelentzündung, zum Beispiel nach einer Grippe. Jahrelanger Bluthochdruck oder eine Stoffwechselerkrankung schwächen das Herz ebenfalls.

Welche Beschwerden treten auf?
Typisch ist Atemnot, zuerst nur bei körperlicher Belastung, später auch in Ruhe. Im Weiteren können die Beine und Füsse anschwellen, da sich in ihnen Wasser ansammelt. Ebenso im Bauchraum, weshalb Patienten weniger Appetit haben. Müdigkeit, Erschöpfung, Verwirrtheit und tiefer Blutdruck können ebenfalls Anzeichen einer Herzinsuffizienz sein.

Wieso kommt es zu Wassereinlagerungen?
Ein schwach pumpendes Herz gibt dem Körper das Signal, dass zu wenig Blut vorhanden ist. Der Körper glaubt, dass er Blut verliert. Er beginnt, das Volumen zurückzuhalten, und weist die Nieren an, weniger Wasser und Salz auszuscheiden.

Andreas Flammer, Leiter Herzinsuffizienz, Universitätsspital Zürich

Wie behandeln Sie eine Herzinsuffizienz?
Ein Ultraschall kann die Pumpschwäche des Herzens bestätigen. Eine beängstigende Diagnose. Schliesslich ist das Herz der Motor unseres Lebens. Noch immer ist die Prognose ähnlich schlecht wie bei einem bösartigen Tumor. Inzwischen haben wir aber gute Medikamente und spezielle Schrittmacher, die das Herz synchronisieren können. Damit es nicht zum plötzlichen Herztod kommt, implantieren wir Defibrillatoren. Im Spätstadium setzen wir in der sogenannten Destinationstherapie auch Kunstherzen ein.

Ein künstliches Herz?
Um Missverständnisse zu vermeiden, spreche ich besser von «Assist-Devices», von Herzunterstützungssystemen. Das sind kleine Pumpen wie in einem Kraftwerk. Ein Schlauch saugt das Blut von einer Herzkammer an und bringt es in die Hauptschlagader. Steuern lässt sich die Herzpumpe über ein Kabel ausserhalb des Körpers.

Ist eine Herztransplantation die letzte Rettung?
Ja, für gewisse Patienten. Aber leider haben wir eine sehr lange Warteliste. Pro Jahr können wir in der Schweiz nur etwa 45 Herztransplantationen durchführen. Wir versuchen dann, die Zeit mit einem «Assist-Device» zu überbrücken. Trotzdem kommt ein Spenderherz leider oft zu spät.

 

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